Ulrich Plumbohm ist sino-europäischer Pionier in der Corporate Finance Beratung. Plumbohm lebt, nach 10 Jahren China, seit 2017 wieder in Deutschland. Seit 2005 ist sein Unternehmen Plumbohm & Co. mit einem eigenen Standort in Shanghai vertreten.
Uli, wir kennen uns nun schon gut 10 Jahre. Von den ersten chinesischen Outbound-Investments über die Boomphase mit mehr als 100 Cross-Border-M&A Deals jährlich bis zu den aktuellen „Krisen“ rund um COVID, Reisebeschränkungen und geopolitischen Unsicherheiten ist viel passiert. Beschreibe du uns als China-Kenner mal die aktuelle Lage im Investmentgeschäft zwischen China und Deutschland!
Plumbohm: Das Inboundgeschäft ist stabil auf niedrigem Niveau. Insbesondere große deutsche Produktionsunternehmen, die bereits langjährig in China aktiv sind, sind weiterhin gezielt auf der Suche nach Akquisitionen, trotz Lockdowns. Das gilt insbesondere für den Automotive Bereich, die Chemieindustrie und den Maschinen- und Anlagenbau. Abgesehen davon werden allerdings aktuell die meisten Investitionsentscheidungen zurückgestellt bzw. regional umgeleitet. Es wird mittelfristig Deals geben, aber wenige und konzentriert auf Konzerne als Käufer. Der Mittelstand hält sich seit den Lockdowns zunehmend zurück.
Das Outboundgeschäft ist aktuell im absoluten Tiefschlaf, chinesische Unternehmensführer analysieren zunächst die richtungsweisenden Entscheidungen, die beim Parteitag in Beijing getroffen wurden und möchten vorher keine „Fehler begehen“. Auch chinesische Finanzinvestoren haben Ihre Aktivitäten in Richtung Europa derzeit weitestgehend eingefroren.
Der Bezug zu China ist für dich auch heute noch Kernkompetenz und Geschäftskonzept zugleich. Warum wird Beteiligungsgeschäft zwischen Deutschland und China bleiben, auch wenn die Beziehungen wieder sehr „politisch“ geworden sind?
Plumbohm: Deutschland und China sind industriell so eng miteinander verbunden, dass man aufeinander angewiesen ist, und das wird auch mittelfristig so bleiben. Deutsche Industrieunternehmen denken ganz überwiegend ökonomisch, und nicht ethisch. Wenn politisch erforderlich, wird eben auch eine Fabrik in Xinjiang gebaut. Das heißt, das Inboundgeschäft wird, wenn auch auf niedrigem Niveau, zumindest bei den großen Konzernen ungebremst weitergehen. Mittelständische Unternehmen werden zukünftig M&A Transaktionen und Joint Ventures in China evaluieren um durch ein „chinesisches Gesicht“ Ihr bestehendes Geschäft im Kontext mit der Politik der zwei Wirtschaftskreisläufe abzusichern.
Das Outboundgeschäft wird sich m.E. nicht so schnell wieder erholen. Man darf nicht vergessen, dass viele M&A Deals in Deutschland von Tec-Konzernen und Immobilientycoons gemacht bzw. finanziert wurden, und beide Gruppen werden gerade von der chinesischen Regierung an die Leine gelegt. Darüber hinaus helfen die kritische Einstellung der neuen deutschen Regierung gegenüber chinesischen Investoren und die verschärfte Außenwirtschaftskontrolle, sowie drohende Rezession, Inflation, Energiekrise und Ukrainekrieg natürlich auch nicht.
Grundsätzlich bin ich davon überzeugt, dass der Prozess der systematischen Sinisierung von Chinas Wirtschaft im Rahmen der zwei Wirtschaftskreisläufe fortschreiten wird. Der ausländische Anteil der Wirtschaftsleistung wird zurückgehen, aber immer noch einen beträchtlichen Teil des großen Kuchens ausmachen. Die Zahl der Expats wird weiterhin abnehmen, und das ist von der chinesischen Regierung auch so gewollt. Deutsche Unternehmen in China werden in Zukunft ganz überwiegend chinesisch gemanagt werden. Reine Vertriebsunternehmen aus dem Ausland werden es in China in Zukunft sehr schwer haben.
Während unserer gemeinsamen Gespräche in Shanghai (bis 2018/2019) kamen wir beide immer wieder auf den Punkt, dass die Menschen in China das Modell des „German Mittelstand“ und auch unsere mittelständischen Unternehmer-Persönlichkeiten unglaublich schätzen, dies auch im Vergleich zu Unternehmen aus den USA oder manchem europäischen Nachbarn. Hat sich hieran in den letzten Jahren etwas geändert, oder werden wir (nach Ende der Reisebeschränkungen) auch wieder in gleichem Maße mit offenen Armen empfangen werden?
Plumbohm: Die Chinesen sind nicht nur wohlhabend, sondern auch zunehmend selbstbewusst und nationalistisch geworden. China wird Ausländern gegenüber immer höflich begegnen. Die Zeiten, in denen Ausländer bewundert und auf Händen getragen wurden sind allerdings vorbei.
Das besondere Verhältnis zwischen deutschem Mittelstand und chinesischen Unternehmen bleibt auf Unternehmensebene bestehen, wird allerdings von den viel zu lange anhaltenden Reiserestriktionen, die den persönlichen Kontakt weitestgehend unterbinden und der politischen Neuausrichtung sowohl der chinesischen als auch der deutschen Regierung mehr und mehr untergraben.
Das Gespräch führte Markus Rieger, Geschäftsführer der China Investment Media GmbH, gleichzeitig Gründer sowie Vorstand des Mutterhauses GoingPublic Media AG, München.
Ulrich Plumbohm
Ulrich Plumbohm ist Managing Partner München der Plumbohm & Co. Corporate Finance Consulting GmbH sowie Chairman Shanghai der Plumbohm Corporate Finance Consulting (Shanghai) Co., Ltd.
Plumbohm & Co. ist eine etablierte, eigentümergeführte Corporate Finance Beratung mit einem professionellen Netzwerk in China und Deutschland. Als Corporate Finance Berater für den klassischen deutschen Mittelstand mit breiter Branchenerfahrung ist Plumbohm & Co. auf die Beratung beim Kauf und Verkauf von mittelständischen Unternehmen sowie die Cross-Border M&A-Beratung zwischen China und Deutschland/Europa spezialisiert. Als unternehmerisch denkender Partner begleiten wir mit unserem interkulturellen Team unsere Mandanten eng bei der Analyse des Marktes, der Identifikation verfügbarer Targets sowie dem gesamten M&A-Transaktionsprozess.
Mit unserem seit 2005 etablierten Standort in Shanghai ist Plumbohm & Co. der sino-europäische Corporate Finance Pionier für den gehobenen Mittelstand und exklusiver Partner des Privatbankhauses M.M.Warburg & CO für Corporate Finance Transaktionen zwischen Deutschland und China. Wir begleiten deutsche Unternehmen, die in China per Akquisition oder Joint Venture zukaufen oder sich zurückziehen wollen sowie börsennotierte chinesische Unternehmen und Finanzinvestoren, die den Zugang zum europäischen Markt suchen.