Digitale Zahlungen mit Apps wie Alipay, Apple Pay oder WeChat Pay bekommen Konkurrenz. Der digitale Yuan, der e-CNY, ist auf dem Weg zur etablierten Zahlungsmethode. Von Georg von Stein
Die Digitalisierung der chinesischen Währung ergibt diverse Vorteile. Nehmen wir das Beispiel Studiengebühren für die Kinder. Bei einer Bezahlung via e-CNY Pay würde einem jeder Fen oder Penny der gezahlten Studiengebühren solange gehören, bis das Kind den Unterricht nimmt. Der e-CNY kann also neue Sicherheiten und Komfort bieten.
Für eine e-CNY-Zahlung nutzt man nämlich Secured Pay. Es ist ein digitales Yuan-Prepaid-Fondsverwaltungssystem. Leistet ein Verbraucher eine Vorauszahlung an ein Unternehmen, parkt das System das Geld in einer e-CNY-Brieftasche. Die wiederum schließt einen digitalen Yuan Smart Contract ab – oder es werden über mehrere Computerprogramme automatisch e-CNY-Zahlungen gemäß voreingestellten Bedingungen ausgeführt. Der Smart Contract prüft dann, ob das voreingestellte Zahlungsereignis stattgefunden hat und entscheidet dementsprechend, ob Prepaid-Gelder aus der digitalen Brieftasche an ein Unternehmen überwiesen werden oder nicht.
Der Empfänger kann also nicht sofort auf das Geld in der Wallet zugreifen, sondern muss warten, bis der Smart Contract das Geld überwiesen hat. Die Übertragung findet nur statt, wenn vorab festgelegte Bedingungen erfüllt sind, wie z. B. die Bereitstellung von Waren, Dienstleistungen, Technologien oder Inhalten. Bis zur Überweisung bleibt das Prepaid-Geld im Wallet Eigentum des Verbrauchers.
Das System von Secured Pay, das im September vom Digital Currency Institute der People’s Bank of China vorgestellt wurde, wird bereits heute an der Pekinger Chaoyang District Houhai Training School eingesetzt. Bisher wurden über das System Zahlungen im Wert von knapp 1 Mio. Yuan an die Schule geleistet, was etwa einem Fünftel des Transaktionswerts der Institution im gleichen Zeitraum entspricht, so Zhao Lei, von der Bank of Communications. Wegen guter Akzeptanz plant man vonseiten der Schule, weitere Kurse in das Secured Pay-System aufzunehmen.
Das Potenzial digitaler Yuan-Anwendungen – insbesondere solcher mit intelligenten Verträgen – liegt in der Senkung der Transaktionskosten, dem Schutz der Verbraucherrechte und der Steigerung der Effizienz wirtschaftlicher Aktivitäten.
Da die nächsten fünf Jahre für die Modernisierung Chinas von großer Bedeutung sein werden, kommt dem e-CNY eine wachsende Bedeutung bei der Förderung von Chinas Digitalisierung und integrativer Entwicklung zu. Anwendungen für Geschäftsszenarien und öffentliche Dienste dürften zunehmen.
Auch für das Thema Inklusion will man in China den e-CNY nutzen, z.B. für einfache Zahlungsvorgänge für Menschen mit Behinderungen oder ältere Menschen. Auch Fondsverwaltungen oder Gehaltszahlung kleinerer Unternehmen könnten demnächst vermehrt über das digitale Yuan-System abgewickelt werden.
Gleichzeitig soll das digitale Yuan-System in traditionelle elektronische Zahlungsmittel integriert werden. Verbraucher können dann durch Scannen eines QR-Codes auf alle Zahlungsmethoden zugreifen. Auch für Transaktionen bei Steuern, öffentlichen Finanzen und Regierungsdiensten dürfte China digitale Yuan-Anwendungen vorantreiben.
Bereits seit Ende 2019 hat man den e-CNY in Teilen von 15 Provinzen und Städten getestet und dabei einige Anwendungsszenarien kreiert – vom Groß- und Einzelhandel über Catering, Reisen, Bildung bis hin zu medizinischer Versorgung und öffentlichen Diensten. Bis zum 31. August sollen in Pilotgebieten bereits 360 Mio. Transaktionen über e-CNY durchgeführt worden sein, wobei der kumulierte Transaktionswert laut PBOC 100,04 Milliarden Yuan erreichte.
Wer mit China Geschäfte betreibt, sollte den digitalen Yuan also in seine operativen und strategischen Überlegungen mit einbeziehen.
Georg von Stein
Dipl.-Kfm. Georg von Stein arbeitet seit 28 Jahren als Journalist. In dieser Zeit hat er Beiträge für die unterschiedlichsten Medien (Wirtschaft, IT, Lifestyle) publiziert und viele Persönlichkeiten der deutschen Wirtschaft und Politik interviewt - Bundespräsidenten, Unternehmer, CEOs. Seit 2004 arbeitet er für den Goingpublic Verlag und als Nachfolger für Stefan Gätzner wirkt er seit 2019 als Chefredakteur der Investment Plattform China Deutschland.