Berlin genehmigt Cotesa-Übernahme

Neue Materialien im Fokus: Cotesa liefert Faserverbundstoffe für die Flugzeugindustrie. 聚焦新材料:Cotesa为航空行业提供高质量的复合纤维部件。Bildquelle: Adobe Stock; © Modella

Advanced Technology & Materials (AT&M) darf endlich den sächsischen Flugzeugzulieferer Cotesa übernehmen. Nach monatelanger Prüfung hat das Bundeswirtschaftsministerium den Erwerb freigegeben. Das erklärte Cotesa-CEO Jörg Hüsken gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Die Verträge waren bereits Anfang September vergangenen Jahres unterschrieben worden. Kurz vor dem Jahreswechsel wurde bekannt, dass das Wirtschaftsministerium die Transaktion unter die Lupe nehmen würde. Es handelt sich um die erste Prüfung einer Übernahme durch einen chinesischen Investor nach der Verschärfung der Außenwirtschaftsverordnung im Juli. Mit der Freigabe geht eine monatelange Hängepartie für die Unternehmensführung und Belegschaft zu Ende.

Cotesa hofft durch die Übernahme auf Unterstützung durch AT&M bei der internationalen Expansion, insbesondere bei der Erweiterung der Vertriebs- und Produktionskapazitäten in China. Das Start-up aus Mittweida wurde 2002 gegründet und produziert mit seinen 600 Mitarbeitern hochwertige Faserverbundteile. Die Komponenten finden in der Autoindustrie, vor allem aber auch im Flugzeugbau Verwendung. Mittlerweile zählt Cotesa Airbus und Boeing zu seinen Kunden. Cotesa kann die Unterstützung des chinesischen Investors gebrauchen: Das Unternehmen wies für 2016 bei einem Umsatz von 40 Mio. EUR (2015: 36,7 Mio. EUR) ein negatives Ergebnis nach Steuern in Höhe von 1,4 Mio. EUR (2015: +1,3 Mio. EUR) aus.

Neue Materialien im Fokus

Trotz seines noch relativ geringen Umsatzes geriet Cotesa ins Visier des Wirtschaftsministeriums. Schließlich sind die Sachsen Zulieferer für den Airbus-Konzern, der auch im Rüstungsbereich tätig ist. Außerdem hat der chinesische Investor einen staatlichen Hintergrund: AT&M ist zwar in Shenzhen börsennotiert. Mutter der Gesellschaft mit einem Marktwert von rund 7,7 Mrd. RMB (993 Mio. EUR) ist allerdings der Staatskonzern China Iron & Steel Research Group, hinter dem das Ministry of Science and Technology steht. AT&M beschäftigt sich hauptsächlich mit Anwendungen von Metallen in neuen Technologien wie amorphen und nano-kristallinen Werkstoffen. Der Bereich neue Materialien ist einer der zehn Schwerpunkte des zentralstaatlichen Modernisierungsplans „Made in China 2025“. Die Übernahme von Cotesa erfolgt über einen chinesischen Werkstofffonds, der von QFAT Investment und ICP Integrity Capital Partners gemanagt wird. AT&M ist Ankerinvestor des Fonds.

Hintergrund: die neue Außenwirtschaftsverordnung

Die Bundesregierung hatte am 12. Juli 2017 mit der neunten Änderung der Außenwirtschaftsverordnung die Bestimmungen zur Prüfung von Übernahmen und Beteiligungen an deutschen Unternehmen durch Nicht-EU-Ausländer konkretisiert und verschärft. Die 2009 eingeführte, sogenannte sektorübergreifende Prüfung wurde erstmals 2016 Gegenstand einer größeren öffentlichen Debatte, nachdem die Akquisition des Augsburger Robotikunternehmens Kuka durch Midea vom damaligen Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel kritisiert worden war. Mit der Neuregelung wurde erstmals eine Meldepflicht beim Bundeswirtschaftsministerium für Übernahmen von Unternehmen mit Einfluss auf die öffentliche Sicherheit und Ordnung eingeführt. Zudem wurden die betreffenden Sektoren näher definiert. Zuvor waren nur für den Rüstungsbereich Prüfungen genau geregelt. In der aktualisierten Außenwirtschaftsverordnung werden auch Anbieter von kritischer Infrastruktur aus den Bereichen Energie, Wasser, Nahrungsmittel, IT und Telekommunikation sowie Finanz- und Versicherungswesen als sicherheitsrelevante Unternehmen definiert. Hinzu kommen Unternehmen, die für die genannten Anbieter kritischer Infrastruktur branchenspezifische Software und Hardware sowie Cloud-Computing-Services zur Verfügung stellen. Für die Prüfung einer Übernahme oder Beteiligung haben die Ministerialbeamten nunmehr vier statt zuvor zwei Monate Zeit. Entscheidend hierfür ist allerdings nicht der Tag des Vertragsabschlusses sondern der Zeitpunkt, ab dem das Verfahren durch das Ministerium eingeleitet wird.

 

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