Auch wenn Chinas Wirtschaft sich in unruhigem Fahrwasser befindet, die Outbound-M&A-Welle wird dies nicht aufhalten. Im Gegenteil: Die Auslandsinvestitionen werden sich noch beschleunigen. Dieser Ansicht ist Wang Wei, Vorsitzender der China Mergers & Acquistions Association. Deutsche Unternehmen stehen besonders im Fokus.
Unternehmeredition: Welche Auswirkungen haben die Kursschwankungen am chinesischen Aktienmarkt auf die Outbound M&A-Aktivitäten der Staats- und Privatunternehmen?
Wang Wei: Durch die Kursschwankungen am chinesischen Aktienmarkt werden die Karten in Bezug auf die künftige Bewertung von Branchen und Unternehmen in China neu gemischt. Hierbei mussten Unternehmer und Existenzgründer erstens erneut die Macht des chinesischen Staates erkennen, die Dinge voranzutreiben und zu bestimmen. Zwar fiel der Startschuss für die Marktwirtschaft in China bereits vor mehr als 20 Jahren, doch ist der Infrastrukturbereich durch die staatliche Finanzierung und die Bedeutung der Staatsunternehmen in diesem Sektor nach wie vor für die Entwicklung der Märkte maßgebend. Die Politik kann noch immer über die Allokation der Ressourcen verfügen. Zweitens liegt der Schwerpunkt bei den staatlichen Rettungsmaßnahmen für den Aktienmarkt weiterhin auf den Staatsunternehmen und auf der staatlich kontrollierten strategischen Rohstoffindustrie. Privatunternehmen sowie kleine und mittelständische Unternehmen müssen selbst sehen, wie sie zurechtkommen. Drittens können Marktregulierung und Rettungspolitik auch auf politische Notwendigkeiten abgestimmt werden: Der Kampf gegen Korruption, Geldwäsche und Insiderhandel wird zu einem wichtigen Mittel bei der Neuausrichtung von Branchen und Unternehmen. Am Ende aber gilt: Börsenturbulenzen bringen jedes Mal Schwung in die M&A-Transaktionen. Das ist nicht anders als auf den internationalen Märkten. Aufgrund der Unvermitteltheit und der Intensität der Schwankungen am chinesischen Aktienmarkt werden dieses Mal die chinesischen Unternehmen ihre M&A-Aktivitäten noch mehr auf ausländische Märkte verlagern.
Werden die Börsenturbulenzen und die Unsicherheit an den Märkten den chinesischen Unternehmen die Finanzierung von Outbound-Investitionen erschweren?
Bei Privatunternehmen sollte das nicht der Fall sein. Die Outbound M&A-Aktivitäten chinesischer Unternehmen befinden sich eigentlich schon in einer beschleunigten Phase der Entwicklung. Im Gegenteil, die Unsicherheit in China bewirkt, dass die Sicherheit im Ausland höher erscheint. Die Internationalisierung der chinesischen Kapitalflüsse verläuft bereits in geregelten Bahnen. Ich glaube, Privatunternehmen werden künftig im Bereich Outbound-M&A noch effizienter, bei Staatsunternehmen wird es etwas komplizierter.
Durch die Abwertung der chinesischen Renminbi werden ausländische Zielunternehmen teurer. Wirkt sich dies negativ auf die Entscheidung bezüglich Outbound-Investitionen aus?
Bei der Beurteilung und Bewältigung der Folgen der Renminbi-Abwertung handeln chinesische Unternehmen bereits sehr stark in einem internationalen Rahmen. Einmal beschlossene Auslandsinvestitionen werden durch Hedging-Maßnahmen abgesichert. Daher sollte dies keinen Einfluss auf die Strategie, sondern nur eine Anpassung der Geschwindigkeit zur Folge haben. Darüber hinaus spielen bei der Abwägung über globale Investitionen nicht nur der Wechselkurs zwischen Renminbi und US-Dollar oder dem Euro sondern auch die Wechselkurse zwischen mehreren Leitwährungen eine Rolle. Hinzu kommt noch ein Abgleich der Zinsen sowie der Transaktionskosten. Der Wechselkurs alleine wird daher als Faktor für die Entscheidung über eine M&A-Transaktionen nicht ausschlaggebend sein.
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