Niedrige Bewertung, hohe Regulierung: Chinesische Internetkonzerne sind bei Investoren derzeit noch nicht wieder gefragt. Das könnte sich bald ändern: Zeichen der Erholung sind zu erkennen. Von Emily Brewer*
Die Regierung hat die Bedeutung des Sektors erkannt. Ein selektives Vorgehen ist aus Investorensicht aber ratsam. Während die Märkte den chinesischen Internetsektor scheinbar aufgegeben haben, sehen wir allmählich eine Investitionsmöglichkeit und eine potenzielle Erholungs-Wachstumsstory. Bei sehr niedrigen Bewertungen und nach einem massiven Exodus ausländischer Investoren ist die Beendigung der Null-Covid-Politik ein großer positiver Makrofaktor für ganz China.
Sehr wichtig ist, dass Anzeichen für eine Verbesserung der regulatorischen und politischen Herangehensweise an die chinesischen Plattformen zu erkennen ist, angefangen von ganz oben. Die mächtigsten chinesischen Regulierungs- und Regierungsbehörden haben kürzlich öffentlich die wirtschaftliche Bedeutung einer gesunden Entwicklung des chinesischen Internetsektors anerkannt.
Dies ist ein logischer Schritt, und die chinesische Führung sucht nach Möglichkeiten, die Wirtschaft nach fast drei Jahren der Abriegelung zu unterstützen, und eine Lockerung des regulatorischen Durchgreifens auf einen der größten chinesischen Sektoren scheint einer der einfachsten und kostengünstigsten Wege zu sein.
Akuter Regulierungsdruck sinkt
Die Botschaft auf höchster Ebene hat auch zu spezifischen Regulierungsmaßnahmen geführt, die den Druck auf die chinesischen Internet-Aktien gelockert haben. Die chinesischen Internetriesen sind weitgehend in der Lage gewesen, die wichtigsten regulatorischen Bedenken in Bereichen wie monopolistische Praktiken (hier die Öffnung von Ökosystemen) und Konglomeratstrukturen wie im Fall von Ant/Alibaba zu zerstreuen.
Alibaba hat sogar eine Kooperationsvereinbarung mit der Kommunalverwaltung von Hangzhou über die Entwicklung der Online-Plattformwirtschaft unterzeichnet, und Alibaba-Gründer Jack Ma hat sich in der Öffentlichkeit mit prominenten Finanzleuten in Hongkong getroffen, was implizit darauf hindeute, dass die Tür zur Zusammenarbeit mit dem öffentlichen und privaten Sektor für Alibaba wieder offensteht. In den Medien kursierten wieder Gespräche über neue Börsengänge in diesem Sektor. Und schließlich hat sich China auch bereit gezeigt, mit den USA zusammenzuarbeiten, indem es Zugang zu den Arbeitspapieren der Wirtschaftsprüfer gewährte, damit die chinesischen ADRs weiterhin in den USA notiert bleiben.
Risiken eingepreist
Gleichwohl ist der langfristige strukturelle Wachstumsausblick für den chinesischen Internet-Sektor aufgrund hoher Durchdringungsraten und struktureller regulatorischer Risiken nicht besonders rosig. Viele Risiken sind jedoch auch schon eingepreist und der Sektor sei für den Asset Manager durchaus einen Blick wert. Als Investoren investieren wir nicht nur in strukturelle Wachstums-Geschichten. Die chinesische Internet-Geschichte ist für uns interessant geworden für den zweiten Teil unserer Dual-Approach-Philosophie, nämlich die Wiederherstellung des Wachstums. Wir können jetzt die meisten, wenn nicht alle, für den Erfolg der Erholung des Wachstums wesentlichen Zutaten in der chinesischen Internetbranche sehen, wobei die Fundamentaldaten den Tiefpunkt erreicht haben und erste Anzeichen einer Besserung zeigen.
Gleichzeitig ist die Mehrheit der Investorengemeinschaft nach wie vor übermäßig negativ und untergewichtet den Sektor. Dies ist der Grund, warum wir in den letzten Wochen unser Gewicht im chinesischen Internetbereich erhöht haben. Eine gezielte Aktienauswahl ist jedoch entscheidend – es bringt wenig, einfach Benchmarks abzubilden.
*) Emily Brewer ist Senior Fund Manager bei JO Hambro
Lesen Sie mehr zu den Hintergründen hier: https://www.johcm.com/eu/news-views/details/3239/boom-and-bust-in-the-chinese-internet
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Falko Bozicevic ist Mitglied des Redaktionsteams sowie verantwortlich für das Anleiheportal BondGuide (www.bondguide.de)