Chinesische Aktien im Jahr des Büffels

Chinesische Aktien im Jahr des Büffels
Quelle: Adobe Stock; © cn0ra

Am Vorabend des chinesischen Frühlingsfestes, mit dem das Jahr der Ratte endet, blicken wir zurück auf das Krisenjahr 2020, aber auch in die Zukunft. Was hält das Jahr des Büffels für chinesische Aktien bereit? Und wie wird sich die Reform des chinesischen Kapitalmarktes auswirken?

Einen wesentlichen Bestandteil von Chinas letztem Fünfjahresplan stellte die Kapitalmarktreform dar und sie wird mit Sicherheit auch die nächsten fünf Jahre noch eine wichtige Rolle spielen. Wie wichtig diese Reformen aus chinesischer Sicht sind hat sich zuletzt im Konflikt mit den USA gezeigt. Selbst auf dem Höhepunkt des Handelskrieges wurden die Reformbestrebungen fortgesetzt. Sogar die Verbesserung des ausländischen Zugangs zu wichtigen Finanzsegmenten wurde unvermindert weiter vorangetrieben.
Dabei half auch die Förderung von Innovationen in den Sektoren Technologie und Gesundheitswesen. Kernpunkt war die Einrichtung und Förderung einer Börse für Unternehmen in frühen Entwicklungsstadien, das sogenannte STAR-Board. Hinzu kam dann in jüngerer Zeit noch die Genehmigung von umfangreicheren Kapitalerhöhungen für Institutionen, die auch Versicherungsunternehmen miteinschlossen.

Ein breiterer Kapitalmarkt für chinesische Aktien

Hintergrund für das chinesische Streben nach einem breiteren Kapitalmarkt und insbesondere nach breiteren Märkten für Aktien ist der gezielte Aufbau einer einheimischen Aktienkultur. Damit soll der Abhängigkeit von Fremdkapital entgegengewirkt werden.
Zur Schaffung dieser Aktienkultur planen die zuständigen Behörden Maßnahmen, die eine stabile Marktentwicklung sicherstellen sollen. Besonderes Augenmerk richten sie dabei auf die Vermeidung eventueller Spekulationsblasen.
Ein weithin sichtbares Signal für die Bereitschaft Chinas, nötigenfalls auch harte Entscheidungen zu treffen, ist die Verschiebung des Börsengangs der Ant Group. Sie war ein Vorgriff auf die geplante Kartellrechtsreform mit Bezug auf die großen Internetplattformen. Es wäre daher nicht überraschend, wenn China noch weitere Schritte zur Abkühlung des Marktes unternehmen würde. Die Regierung ist bereit, diesen Preis zu zahlen, wenn im Gegenzug stabilere langfristige Aussichten winken.

Vier Gründe, optimistisch zu sein

Mit Blick auf China, gibt es vier Säulen, auf die sich unsere optimistische Einschätzung des Aktienmarktes stützt. Diese sind: weiterhin erstklassige Wachstumsraten, die nötige Schlagkraft, um das Wachstum weiter aufrechtzuerhalten, die sich durch die Dual-Circulation-Strategie verbessernde Qualität des Wachstums sowie die angemessenen Bewertungen chinesischer Unternehmen.
Hinzu kommen Erholungstrends, die Chinas „Top-Down“-Aussichten besser denn je erscheinen lassen. Dazu gehören aus unserer Sicht die anhaltenden globale Impulse, die Einführung von Impfstoffen und das vom neuen Fünfjahresplan unterstützte reformorientierte Wachstum.

In die Analyse muss allerdings auch einfließen, dass die verstärkten Liquiditätsspritzen die Bewertungen in bestimmten Bereichen des Marktes auf extreme Niveaus getrieben haben. Wir gehen deshalb davon aus, dass der chinesische Kreditzyklus einen Wendepunkt erreicht hat. Als Folge erwarten wir auf kurze Sicht haushalts- und geldpolitische Klippen. Hinzu kommen potenziell stärkere Bestrebungen zur Vermeidung von Fehlanreizen am Aktienmarkt. Die Folge ist, dass sich die „Bottom-up“-Qualität des Marktes und einiger spezifischer Bewertungen kurzfristig verschlechtert haben.

Wir sehen daher einerseits das Risiko einer Marktkonsolidierung, aber auch die sehr positiven „Top-Down“-Aussichten. In Verbindung mit den längerfristigen positiven Faktoren bietet dies interessierten Anlegern Chancen. Sie können jetzt ihr Engagement in einer Reihe von spannenden Bereichen erhöhen. Dazu zählen wir nachhaltige Werte mit hohem Wachstum wie chinesische Aktien aus dem Technologiesektor. Allerdings muss man dabei sehr genau auf den Preis achten. Ebenfalls attraktiv sind Wachstumstitel aus dem Bereich erneuerbare Energien. Hierbei besonders Unternehmen, die zur Lieferkette für Elektrofahrzeuge gehören, sowie solche aus dem Bereich der Wind- und Solarenergie. Interessant sind auch sich erholende zyklische Titel im Tourismusbereich und Casinos sowie zyklische Substanzwerte wie Versicherungen aber auch hochwertige Rohstoffe, die vom weiteren Wachstum profitieren werden.

Risikofaktoren Verschuldung und überschüssige Liquidität

Mit Blick auf chinesische Aktien sind die Anleger zu Zeiten attraktiver Bewertungen hinsichtlich der Risiken tendenziell übermäßig besorgt. Dabei neigen sie dazu, die gleichen Herausforderungen zu übersehen, mit denen sich eine Wirtschaft konfrontiert sieht, wenn die Bewertungen relativ hoch sind. Vor dem Hintergrund der jüngst verstärkten Virusnachbeben in China könnte der Zeitpunkt für Maßnahmen zur Verringerung des Überschwangs an den Märkten geringfügig hinausgeschoben worden sein. Daher bleibt das Problem der übermäßigen Verschuldung (und überschüssigen Liquidität) nach unserer Auffassung eine gegenwärtige Gefahr. Dieses schrittweise gewachsene Risiko von Fehlanreizen (Moral Hazard) gilt es anzugehen, wenn in China eine nachhaltige Aktienkultur entstehen soll. Danach entstünden aus unserer Sicht interessante Chancen für ein Engagement in langlaufenden fundamental begründeten Qualitätswerten mit erstklassigem Wachstum und Technologiewerten, die in Zukunft verstärkt in den globalen Aktienindizes präsent sein dürften.

China stehen verschiedene Instrumente zur Verfügung, falls die Trends zu negativ werden sollten. Daher bleibt die zweite Säule in unserer Vier-Säulen-Perspektive weitgehend stabil. Wir gehen somit davon aus, dass die Abwärtsrisiken für den Gesamtmarkt relativ begrenzt sind. Zusätzlich bietet die zuletzt erheblich gesunkene Inflation die Möglichkeit, mit einer potenziellen Leitzinssenkung die Kreditvergabe der Geschäftsbanken an Unternehmen mit erstklassiger Bonität (Loan Prime Rate) zu stützen. Angesichts der kontinuierlich gestiegenen Realzinsen würden selbst die begrenzten Auswirkungen einer Zinsänderung die Stimmung sicherlich aufhellen.

 

 

Rob Mumford, GAM Investments
Rob Mumford

Rob Mumford ist Portfoliomanager im GAM Investments Emerging Markets Equity Team und verfügt als Experte für Schwellenländer über mehr als 25 Jahre Erfahrung in einer Reihe von Anlageklassen. GAM Investments bietet aktive Anlagelösungen und -produkte für Institutionen, Finanzintermediäre und Privatkunden an.

Dieser Post ist auch verfügbar auf: Vereinfachtes Chinesisch