Internationale Dienstreisen gehören in Zeiten der Globalisierung zum Tagesgeschäft. Zu den Auslandsdienstreisen kommen dann noch die Fachkräfte, die sich für eine längere Zeit im Ausland befinden – die sogenannten Expats. Jetzt ist das Corona-Virus auf dem Vormarsch. Wie sollten sich Unternehmen in der aktuellen Situation verhalten?
Harald Gruber: Arbeitgeber tragen in solchen Fällen eine Fürsorgepflicht. Das heißt, sie müssen ihre Mitarbeiter im Ausland über mögliche Gefahren aufklären und deren Sicherheit gewährleisten. Mitarbeiter, die sich in betroffenen Gebieten befinden, sollten zurückgeholt werden. In der Regel sind in einem guten Versicherungsschutz auch Rückholmaßnahmen enthalten. Das heißt: Befindet sich ein Mitarbeiter beruflich bedingt im Ausland und erkrankt, steht ihm über seine Versicherung ein Rücktransport zu, wenn eine medizinische Notwendigkeit dazu besteht. Sollte dies aufgrund einer bestehenden Ein- und Ausreisesperre vorübergehend nicht möglich sein, wie derzeit in vielen chinesischen Städten der Fall ist, wird dank moderner eHealth-Lösungen (Telemedizin) eine angemessene medizinische Versorgung aus der Ferne sichergestellt. Noch nicht angetretene Dienstreisen sollten gegebenenfalls überhaupt nicht stattfinden.
Wie können Mitarbeiter unterstützt werden, die sich zurzeit in einer betroffenen Region befinden?
Mitarbeiter, die sich aktuell in einem Land befinden, in dem das Virus ausgebrochen ist, sollten zunächst Ruhe bewahren. Betroffene können sich regelmäßig auf der Internetseite der Weltgesundheitsorganisation (WHO) über den aktuellen Stand und Empfehlungen von Experten informieren. Hier finden sie beispielsweise Informationen über Präventionsmaßnahmen, Symptome und den typischen Krankheitsverlauf. Wichtig: Das Corona-Virus ist auf dem Vormarsch und die Situation ist zu diesem Zeitpunkt noch schwer einzuschätzen, weil sie sich momentan täglich ändert. Im Zweifel und bei allen Unklarheiten empfiehlt es sich daher immer, umgehend mit seinem Makler in Kontakt zu treten. Aufgrund der noch weitgehend ungewissen Lage kann die individuelle Situation am besten im persönlichen Gespräch bewertet werden.
In welchen Fällen erlischt der Versicherungsschutz für die Mitarbeiter?
Grundsätzlich gilt: Verunsicherung oder gar Panik, die voreilige Entschlüsse mit sich ziehen, sind aktuell unbegründet. Es besteht ein vollständiger Versicherungsschutz für Auslandsdienstreisende oder Expats. Lediglich ein wissentlicher Verstoß gegen offizielle Reisewarnungen, mutwillig falsches Verhalten oder Reisen in Sperrgebiete, beispielsweise nach Wuhan in China, könnten einen Versicherungsanspruch schmälern.
Wie kann ein Unternehmen sich grundsätzlich auf eine solche Situation vorbereiten?
Ist ein Unternehmen international tätig und sendet regelmäßig Mitarbeiter ins Ausland, haben Arbeitgeber eine besondere Fürsorgepflicht gegenüber diesen Mitarbeitern. Und das unabhängig davon, ob sich die Person auf einer kurzen Dienstreise befindet oder langfristig entsandt wird. Mit dem Corona-Virus auf dem Vormarsch müssen Sie als Arbeitgeber sicherstellen, dass Ihre Mitarbeiter im Ausland Zugang zu einer medizinischen Versorgung haben, die mit dem westlichen Standard vergleichbar ist – unabhängig vom Reiseland. Aber nicht nur medizinische Kosten, auch hohe Kriminalität, politische Unruhen, Naturkatastrophen und daraus resultierende Evakuierungen sind Krisensituationen, auf die Unternehmen vorbereitet sein müssen. Dazu kommen die Beachtung von lokalen Gesetzgebungen und Compliance-Anforderungen, damit es nicht zu Strafzahlungen oder sofortiger Ausweisung der Mitarbeiter kommt. Es ist daher wichtig, auf Basis einer detaillierten Risikoanalyse ein umfangreiches Global-Mobility-Konzept zu erstellen, das nicht nur die internationale Krankenversicherung einschließt, sondern ebenso individuelle Assistance-Leistungen.
Zum Autor: Harald Gruber ist Experte für International People Mobility bei Aon Deutschland. Aon ist ein führendes globales Beratungs- und Dienstleistungsunternehmen mit über 50.000 Mitarbeitern in 120 Ländern. Die durch die Globalisierung immer häufiger nach Europa expandierenden chinesischen Unternehmen betreut der Aon China Desk. Die aus China und Deutschland stammenden Experten unterstützen mit ihrer Expertise, Erfahrung, Sprachkenntnissen und interkulturellem Verständnis ebenso deutsche Unternehmen beim Eintritt in den chinesischen Markt. Weitere Informationen finden Sie unter: https://aon.com/germany/branchen/china-desk.jsp
Falko Bozicevic ist Mitglied des Redaktionsteams sowie verantwortlich für das Anleiheportal BondGuide (www.bondguide.de)
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