Noch bis zum 20. Juni läuft die Zeichnungsfrist von Decheng Technology. Acht Tage später will das Spezialchemieunternehmen aus Quanzhou den Gang aufs Frankfurter Parkett wagen. Spannend wird die Frage, wie das Angebot von den deutschen Anlegern angenommen wird. Nach den herben Enttäuschungen und sogar handfesten Skandalen bei einigen in Deutschland gelisteten chinesischen Unternehmen ist Decheng auf kritische Fragen eingestellt. Der südchinesische Polyurethan-Spezialist will vieles besser machen.
Decheng plant, bis zu 3 Mio. neue Stückaktien in Deutschland zu einem Festpreis von 3,50 EUR zu emittieren. Damit könnte das Unternehmen bis zu 10,5 Mio. EUR einnehmen. Ausgehend von dem Grundkapital in Höhe von 30 Mio. Aktien, ergäbe sich nach Emission der neuen Stückaktien ein MarketCap von 115 Mio. EUR. Eine vorbörsliche Research-Analyse sieht den fairen Unternehmenswert bei etwa 185 Mio. EUR, basierend auf einem Peergroup-Vergleich und Discounted Cashflow-Verfahren. Global Coordinator und Lead Manager bei dem Börsengang ist die Acon Actienbank.
Marktvorteile in Deutschland
Für chinesische Unternehmen bringt ein Börsengang in Deutschland nach wie vor einen großen Prestigegewinn zuhause. „Als in Deutschland börsennotiertes Unternehmen verfügen wir in unserem Heimatmarkt China über einen Reputationsvorsprung gegenüber einheimischen Anbietern“, erläutert Decheng-CFO Guan Hoe OOI in einem Interview mit dem GoingPublic Magazin. Einen wesentlichen Vorteil sieht Ooi auch in der Stärke der Chemieindustrie in Deutschland. „Das Verständnis der Investoren für unsere Branche ist hier weiter entwickelt als in anderen Ländern. Dazu kommt ein transparenter, gut regulierter Markt“ meint der Finanzvorstand des Börsenkandidaten weiter. Decheng will sich in seiner Heimat durch Spezialisierung und Umweltfreundlichkeit vom Wettbewerb abheben – und damit auch in Deutschland bei den Anlegern punkten. Die Polyurethane des Unternehmens verleihen den Endprodukten verbesserte Eigenschaften, z.B. Wasserfestigkeit bei Textilien oder Feuerresistenz bei Lederimitaten. Großen Wert wird dabei laut Ooi auf eine umweltfreundliche Produktion und soziale Verantwortung gelegt. So will das Unternehmen künftig ohne schädliche Lösungsmittel auszukommen.
Kritische Fragen
„Wir sind uns bewusst, dass wir als chinesisches Unternehmen nicht unbedingt mit einem Vertrauensvorschuss an den Start gehen“, erklärt Ooi nüchtern. In den vergangenen Jahren enttäuschte die Performance chinesischer Unternehmen, die in Deutschland den Börsengang gewagt hatten, ein ums andere Mal. Zuweilen verschwand auch ein Vorstand und Teile des Vermögens – wie 2014 beim Schuhersteller Ultrasonic. Um Vertrauen bei deutschen Anlegern aufzubauen, legen sich daher die Mehrheits-Anteilseigner von Decheng freiwillig langfristige Verpflichtungen auf. Laut Ooi haben sich die Großaktionäre eine relativ lange Sperrfrist von bis zu drei Jahren gesetzt und planen, in dem Zeitraum keine ihrer bestehenden Anteile zu verkaufen. Außerdem verzichten sie in den Jahren 2017 bis 2019 auf ihre Dividende. „Wir wollen mit einem seriösen Geschäftsmodell, guten Produkten, soliden Finanzen, spannenden Zukunftsperspektiven und transparentem Verhalten den Kapitalmarkt überzeugen“ betont CFO Ooi im Interview mit GoingPublic. Die Zahlen können sich auf jeden Fall sehen lassen: In den vergangenen drei Jahren haben sich die Umsätze von Decheng auf knapp 70 Mio. EUR (Geschäftsjahr 2015) verdoppelt. Der Nettogewinn ist seit 2013 um über 100% auf rund 18 Mio. EUR im Geschäftsjahr 2015 gestiegen.
Das vollständige Interview mit Guan Hoe Ooi lesen Sie hier.