Die chinesischen M&A-Finanzierungsstrategien in der DACH-Region

Analysiert man die Übernahmen und Beteiligungen chinesischer Investoren an Unternehmen in der DACH-Region zeigen sich drei Typen von Investments. Die dafür gewählten Finanzierungsstrukturen sind dabei unterschiedlich. Gerade bei den Finanzierungen können chinesische Investoren sich aber durch passende Konstrukte Vorteile verschaffen.

Chinesischen M&A-Finanzierungsstrategien in der DACH-Region
Quelle: Adobe Stock; © hjschneider

Das Investitionsvolumen chinesischer Investoren für Beteiligungen und Übernahmen in Deutschland (fast 19 Mrd. Euro 2000–2016), Österreich und der Schweiz erlebte in den vergangenen Jahren und insbesondere 2015–2016 einen Höhepunkt. Analysiert man die in der DACH-Region eingesetzten chinesischen M&A-Finanzierungsstrategien, zeigen sich mehrere distinkte Ansätze. Diese wiederum hängen wiederum von den Zielen der Investoren ab, weshalb sich die Investments in drei Gruppen fassen lassen.

Gruppe 1

Sie besteht aus großen chinesische Konzernen und Konglomeraten, die sich zur Vertiefung oder Verbreiterung ihrer Aktivitäten an DACH-Unternehmen beteiligen: dazu zählen ChemChinas Übernahme der schweizer Syngenta AG in der Schweiz (ca. 40 Mrd. EUR) und KraussMaffei in Deutschland (925 Mio. EUR). Weitere Beispiele sind Fosuns Beteiligung an der FFT Produktionssysteme aus Fulda (Kaufpreis nicht öffentlich) und die chinesische HNA-Gruppe. Sie wurde mit ihrer aggressiven und mittlerweile gescheiterten Expansionsstrategie in der weiteren Luftfahrtbranche mit den Akquisitionen von Swissport, Gate Group und Dufry einem weiteren Publikum bekannt.

Gruppe 2

Zu ihr zählen chinesische Unternehmen, die sich an deutschen Unternehmen aufgrund konkreter Produkte und Technologien oder ihrem Zugang zum deutschen beziehungsweise europäischen Markt beteiligen: hierzu gehört die Übernahme der Kuka AG durch Midea (4,5 Mrd. EUR) in Deutschland. Ebenso der Einsteig der Wanda Group beim schweizer Sportrechte-Unternehmen Infront Sports & Media (1 Mrd. EUR) sowie die Beteiligung eines Konsortiums chinesischer Investoren an der ehemaligen Osram-Tochter Ledvance (500 Mio. EUR).

Gruppe 3

In diese Gruppe fallen chinesische Investoren, welche sich gezielt an Infrastruktur-, infrastrukturnahen oder infrastrukturähnlichen Unternehmen beteiligen: Zu dieser Kategorie gehören unter anderem die Übernahme des Offshore-Windparks Meerwind (Kaufpreis nicht veröffentlicht) durch den weltweit größten Wasserkraftproduzenten Three Gorges Corporation, der Erwerb der ehemaligen E.ON-Tochter EEW Energy from Waste durch die chinesische Holding Beijing Enterprises (1,4 Mrd. EUR) und die Beteiligung der CK Hutchison Holdings am Energiedienstleister Ista (4,5 Mrd. EUR).

Wie wir sehen lagen den jeweiligen Akquisitionen und Beteiligungen chinesischer Investoren unterschiedliche Motivationen und Ziele zugrunde. Dementsprechend vielfältig sind die chinesischen M&A-Finanzierungsstrategien in der DACH-Region.

Wesentliche Finanzierungsoptionen und -strukturen

Die Einzelheiten der Finanzierungen sind zwar teilweise aus Vertraulichkeitsgründen nicht öffentlich verfügbar, aber aus der Erfahrung kann man die chinesischen M&A-Finanzierungsstrategien in der DACH-Region in die folgenden vier Typen einteilen, die auch in Zukunft eine hohe Bedeutung haben werden:

Equity Finance: Beteiligungen mit Akquisitionsfinanzierung des Eigenkapital-Investments auf Ebene des chinesischen Investors

Höhe und Struktur des eingesetzten Eigenkapitals sind oft repräsentativ für das nachhaltige strategische Interesse eines Investors. Die bereits erwähnte HNA-Gruppe beispielsweise hat einige ihrer Eigenkapital-Investments mit komplexen „Margin Loan“– beziehungsweise Derivatestrukturen zusätzlich und in erheblichem Masse ge-leveraged. Diese Art von riskanten und teilweise intransparenten Eigenkapitalfinanzierungen kann den strategischen Ansatz eines Investors erheblich unterminieren.

Ebenfalls möglich, aber weniger aggressiv, sind kurzfristige „Brückenfinanzierungen“, welche das Eigenkapitalinvestment des Investors unterstützen und zu einem späteren Zeitpunkt durch eine langfristige Anschlussfinanzierung, zum Beispiel im Rahmen einer Kapitalerhöhung, refinanziert werden. Häufig werden derartige Brückenfinanzierungen zumindest teilweise durch chinesische Banken unterstützt, da diese oft lange und enge Geschäftsbeziehungen zum chinesischen Investor unterhalten.

Corporate Style Finance: Beteiligungen ohne umfangreiche Akquisitionsfinanzierung aber erforderlicher Refinanzierung der bestehenden Finanzierungen auf Ebene des Unternehmens

Eine Beteiligung an oder auch die Übernahme eines Unternehmens durch einen chinesischen Investor erfordert häufig eine Anpassung oder Refinanzierung dessen bestehender Finanzierung. Der Grund können übliche „Change of Control“-Klauseln sein, oder auch um die Banken- und Finanzierungsstrategie des Unternehmen auf ein nachhaltigeres Fundament zu setzen. Hierbei werden beispielsweise einzelne kurzfristige bilaterale Kreditlinien durch einen syndizierten Kredit ersetzt, der möglicherweise auch einen erhöhten Spielraum für Investitionen des Unternehmens aber gegebenenfalls auch Dividenden vorsieht. Für die erwähnte Übernahme der KraussMaffei durch ChemChina haben beispielsweise Natixis und UniCredit einen neuen Kreditrahmen von ca. 500 Mio EUR arrangiert.

Leveraged Finance: Beteiligungen mit Akquisitionsfinanzierung auf Ebene des Unternehmens

Hier werden Teile des Kaufpreises über Kredite finanziert, welches das zu erwerbende Unternehmen, nach einem entsprechenden „Debt Pushdown“, aus seinem laufenden Cash Flow mit Zins und Tilgung bedient. Der Verschuldungsgrad, den das Unternehmen zu bedienen hat, kann unterschiedlich hoch sein. Wanda bediente sich bei der Akquisition von Infront Sports & Media einer ca. 450 Mio EUR-Finanzierungslinie, welche durch UBS und UniCredit bereitgestellt und anschließend mit moderatem Verschuldungsgrad an andere Banken syndiziert wurde. Diese Art von Akquisitionsfinanzierungen sind oft auch bei Infrastrukturtransaktionen anzutreffen.

HNA hingegen hat in 2015 seine Akquisition der Swissport für ca. 2.5 Mrd. EUR mit mindestens 1.5 Mrd. EUR an Krediten finanziert und diese anschließend teilweise über nachrangige Anleihen refinanziert. Das Unternehmensrating von Swissport lag schon zum Zeitpunkt der HNA-Übernahme bei einem für einen Luftfahrtdienstleister sehr schwachen B3 von Moodys. Vor kurzem hat die Ratingautor es weiter auf Caa2 herabgestuft. Grund sind Presseberichte, wonach das Unternehmen derzeit um Liquidität kämpft.

Großvolumige Beteiligungen bzw Übernahmen mit komplexer mehrstufiger Akquisitionsfinanzierung

Das prominenteste Beispiel hierfür ist sicherlich die sehr große Akquisitionsfinanzierung von ChemChina für die Übernahme der Syngenta AG. Sie umfasste, zusätzlich zu den bestehenden Krediten und Anleihen der Syngenta AG, eine ca. 20 Mrd. EUR-schwere Akquisitionsfinanzierung, die eine Unternehmensebene über der Syngenta AG angesiedelt war. Hinzu kam eine zusätzliche ca. 5 Mrd. EUR-Brückenfinanzierung für den teilweisen Eigenkapitaleinschuss, welche noch mal strukturell nachrangig zur Akquisitionsfinanzierung war. Beide Finanzierungen wurden von einer Gruppe internationaler und chinesischer Banken dargestellt. Die Akquisitionsfinanzierung wurde in den Folgejahren am Anleihemarkt vollständig refinanziert.

Ausblick

Insbesondere bei der derzeit wirtschaftlich und teilweise auch politisch angespannten Lage sowie vorsichtigeren und auf jeden Fall volatileren Finanzierungsmärkten sollten chinesische Investoren Akquisitionsfinanzierungen sehr gut vorbereiten. Das gilt sowohl für den Angang als auch die spätere Durchführung mit idealerweise mehreren Finanzierungsoptionen, um mögliche Abhängigkeiten zu reduzieren. Dies kann dann auch in entscheidenden Situationen einen erheblichen Vorteil gegenüber anderen möglichen Bietern und Erwerbern sichern.

In der Vergangenheit waren aggressivere Finanzierungen mit einem schwachen Kreditprofil, hohem Verschuldungsgrad und einer eher intransparenten oder opportunistischen Investitionsstrategie sowie einer hohen Abhängigkeit von Banken teilweise darstellbar. Dies wird in absehbarer Zukunft aber nur sehr begrenzt und wenn dann nur mit hohen Gebühren und Zinsmargen möglich sein. Dementsprechend müssen die chinesischen M&A-Finanzierungsstrategien in der DACH-Region angepasst werden.

Trotz der erschwerten Marktbedingungen weiterhin sehr gut finanzierbar sind beispielsweise Finanzierungen mit einem guten Kreditprofil, moderatem Verschuldungsgrad, einer nachvollziehbaren Investmentstrategie und idealerweise der Möglichkeit neben einer klassischen Bankenfinanzierung gegebenenfalls auch den Kapitalmarkt und zusätzliche Finanzierungsprodukte oder Investorenklassen anzusprechen.

Auf jeden Fall sollte die Finanzierungsstrategie frühzeitig und sehr eng mit der Investmentstrategie sowie dem generellen M&A-Prozess abgestimmt sein, nicht zuletzt auch um Verkäufer und auch das Ziel-Unternehmen mit einem ganzheitlichen und nachhaltigen Ansatz zu überzeugen.

 

Porträt Tim Hoffmeister
Tim Hoffmeister
Executive Partner at Mayland AG

Tim Hoffmeister ist Executive Partner der unabhängigen M&A und Corporate Finance-Beratung Mayland AG in Düsseldorf. Er war vormals in Führungsrollen für verschiedene Banken tätig, hat jahrzehntelange Erfahrung in M&A- und Finanzierungsprozessen und war als Senior Deal Captain für eine Vielzahl hochkomplexer und ereignisgetriebener Transaktionen einschließlich LBOs, Unternehmensfinanzierungen und Refinanzierungen sowie Restrukturierungen verantwortlich.

Dieser Post ist auch verfügbar auf: Vereinfachtes Chinesisch