Die internationale Geschäftsexpansion kann für viele Unternehmen eine sehr spannende Perspektive für weiteres Wachstum darstellen. Dennoch garantiert sie dieses nicht automatisch, da es zunächst je nach Land und Kultur darum geht, Eintrittsbarrieren zu überwinden. Der folgende Leitartikel untersucht die Top 5 Herausforderungen, denen sich Unternehmen bei der internationalen Expansion konfrontiert sehen, und zeigt praktische Wege auf, diese zu überwinden.
1. Klare Positionierung im Markt von elementarer Bedeutung
Es gibt eine Vielzahl an Gründen, warum Unternehmen im Ausland investieren. So unterschiedlich die Gründe sind, desto vielseitiger ist auch die Herangehensweise beim Markteintritt. Sollte ein Unternehmen zunächst eine Exportbasis aufbauen oder seine Produkte lizenzieren, um Erfahrungen in einem neuem Land oder einer Region zu sammeln? Oder rechtfertigt die starke Markenproduktion sogar Übernahmen oder die Gründung neuer Tochtergesellschaften? Es lässt sich konstatieren, dass es kein richtig oder falsch gibt, jedoch kann die nachfolgende Grafik der internationalen Expansionsmodelle eine erste Orientierungsgrundlage darstellen.
Expansionsmodell | Vorteile | Nachteile |
Export | Schneller unkomplizierter Einstieg, geringes Risiko | Geringe Kontrolle, geringes lokales Wissen, mögliche negative Umweltauswirkungen der Logistik |
Lizenzierung/ Franchising | Schneller Einstieg, niedrige Kosten, geringes Risiko | Weniger Kontrolle, Lizenznehmer kann zum Wettbewerber werden, rechtliches und regulatorisches Umfeld (IP- und Vertragsrecht) muss wasserdicht sein |
Strategische Partnerschaft | Gemeinsame Kosten reduzieren Investitionsbedarf & Risiko, auch als lokale Einheit betrachtet | Höhere Kosten als Export, Lizenzierung oder Franchising; Integrationsprobleme zwischen zwei Unternehmenskulturen |
Übernahme | Schneller Einstieg, meist bekannte, etablierte Betriebe | Hohe Kosten, Integrationsprobleme können auftreten |
Greenfield Investition | Zugewinn lokaler Marktkenntnisse; maximale Kontrolle | Hohe Kosten und hohes Risiko durch Unbekannte, langsamer Einstieg durch alleinige Umsetzung |
Zusammenfassend sollten sich Unternehmen beim Markteintritt vorwiegend zwei Schlüsselfragen stellen:
- Wie viel von ihren vorhandenen Ressourcen sind sie bereit zu investieren? Je weniger Ressourcen (d. h. Geld, Zeit und Fachwissen) das Unternehmen einsetzen kann, desto besser ist es für das Unternehmen, auf vertraglicher Basis in den ausländischen Markt einzutreten – beispielsweise durch Lizenzierung oder Franchising-Projekte
- Wie viel Kontrolle wollen sie im Unternehmen behalten? Je mehr Kontrolle ein Partner wünscht, desto besser ist es, eine hundertprozentige Tochtergesellschaft (WFOE) zu gründen oder zumindest über ein Joint-Venture mit klar abgegrenzten Verantwortlichkeiten zwischen Partnerunternehmen zu operieren
2. Einhaltung lokaler Compliance-Anforderungen
Mit dem Wachstum und der Expansion von Unternehmen in neue Regionen wachsen auch ihre Compliance-Verantwortlichkeiten. Die Einhaltung von Steuerpflichten und lokalen Vorschriften sind komplex. Gerade bei stark wachsenden Unternehmen ist es daher wichtig, von Beginn an eine klare Struktur in die lokalen Abläufe und Prozesse zu bekommen. Viele Unternehmen wenden sich daher zu Beginn direkt an einen bereits in der Region etablierten Dienstleister, der sie beim Markteintritt begleitet und gleichzeitig ein Auge auf regional geltende Vorschriften hat. Sofern das Unternehmen groß genug ist, können diese Aufgaben dann auch in-house abgedeckt werden. Experimente sollten jedoch gerade in der Anfangszeit vermieden werden, da diese dem Unternehmen sonst teuer zu stehen kommen könnten.
3. Sichtung nach Talenten: Einbezug lokaler Multiplikatoren
Die richtigen Talente im Ausland zu finden und ein Gefühl für die richtige Unternehmenskultur zu bewahren, kann eine Herausforderung darstellen. Dies trifft vor allem dann zu, wenn man von der Zentrale eines Unternehmens an neue, kulturfremde Standorte expandiert. Von der Sicherstellung, dass die Auswahlprozesse den lokalen Gesetzen entsprechen, bis hin zur Wahrung von Quoten für die Einstellung lokaler Mitarbeiter, kann die Einhaltung lokaler Regeln und Anforderungen sogar die erfahrendsten Personaler vor Herausforderungen stellen.
Die Kontaktaufnahme mit Handelskammern oder anderen professionellen Institutionen kann helfen, sich vor Ort ein industrieübergreifendes Netzwerk aufzubauen. Auch lokale Personaldienstleister können in der Regel bereits auf ein großes Netzwerk zurückgreifen, so dass diese Herangehensweise gerade zu Beginn bei der Sichtung von Talenten empfehlenswert ist.
4. Verstehen der lokalen Sprache, Geschäftsetikette und Kultur
Das Verständnis der lokalen Sprache, der Kultur und der richtigen Etikette für Geschäfte kann für einen guten Start ebenfalls von entscheidender Bedeutung sein. Mindestens einen Mitarbeiter vor Ort zu haben, der die Muttersprache spricht und die Produktpositionierung und Ihr Angebot versteht, kann einen großen Unterschied machen. Kunden spricht es an, wenn sie Mitarbeiter im selben Land kontaktieren können, die ihre Sprache sprechen und sich um den Service kümmern. Abhängig von Ihrem Expansionsziel, haben einige Unternehmen in bestimmten Sektoren und Branchen möglicherweise auch Anspruch auf finanzielle Vorteile und Anreize der lokalen Regierung. Anreize gibt es vor allem dann, wenn die regionale Beschäftigung gefördert werden soll. Es gilt daher, die Augen offenzuhalten und ausreichend Zeit in den Ausbau des Netzwerks zu investieren.
5. Lieferkettenmanagement: Priorisieren und regionalisieren
Das Management einer Lieferkette, die nationale Grenzen überschreitet, kann bei der Expansion eine echte Herausforderung darstellen. Die Kosten für Logistik können hoch sein und auch die sorgfältige Verwaltung von Lagereinrichtungen kann sich als handfeste Herausforderung herausstellen. Eine Regionalisierung der Lieferkette kann sich daher für ausländische Unternehmen als sehr vorteilhaft erweisen. Der asiatisch-pazifische Raum kann an dieser Stelle mit einem klaren Standortvorteil punkten, da er bereits seit vielen Jahrzehnten auf bequeme Handelsrouten und technologiegetriebene Lieferkettenmodelle zurückgreifen kann, was wiederum die Effizienz beim globalen Handel mit Waren und Dienstleistungen erhöht. Lassen sie sich daher von lokalen Experten hinsichtlich Lieferkettenrisiken und deren Chancen beraten. So bekommen sie vorab ein Gefühl dafür, welche Handelsrouten für sie überhaupt in Frage kommen. Des Weiteren lohnt es, sich mit den geltenden Steuer- und Investitionsabkommen zwischen den ASEAN Ländern und dem Westen vertraut zu machen. Eine gezielte Standortanalyse kann so zur weiteren Optimierung der gesamten Wertschöpfungskette beitragen.
Schlussfolgerung
Die internationale Geschäftsexpansion kann komplex, aber lohnend für jedes Unternehmen sein, das sein Geschäftswachstum weiter beschleunigen möchte. Es erfordert viel strategische Planung, Zeit und Ressourcen, um langfristig im Ausland zu wachsen. Ein Aktionsplan und die Berücksichtigung der oben genannten fünf Herausforderungen kann dazu beitragen, viele Anfangsschwierigkeiten zu mindern, die während des Prozesses auftreten können. Die richtige Balance zu finden, ist dabei nicht immer einfach und kann langfristig eigentlich nur über regionale Produktionsstandorte realisiert werden. Die stark heranwachsenden Mittelschichten, vor allem in China und Indonesien, dürften in den nächsten Jahrzehnten dafür sorgen, dass die Produktpräferenzen dieser Käuferschichten einen starken Einfluss auf die globale Produktentwicklung und die damit in Verbindung stehenden Fertigungsketten ausüben. Daher sollte diese strategisch bereits früh auf den Bedarf der Zukunftsmärkte des Unternehmens ausgerichtet sein.
Sebastian Hoffmann
Sebastian Hoffmann leitet den Hawksford German Desk in China. Das Unternehmen berät seit 2009 Unternehmer, KMU und multinationale Unternehmen bei ihren geschäftlichen Bestrebungen in der Volksrepublik China und verfügt über langjährige Branchenerfahrung u.a. in den Bereichen Technologie, Maschinenbau, Einzelhandel, Baugewerbe, chemisch-pharmazeutische Industrie, Elektrotechnik, Metallerzeugung sowie Kunststoff- und Papierindustrie.
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