Der Einstieg der State Grid Corporation of China (SGCC) beim deutschen Hochspannungsnetzbetreiber 50Hertz Transmission GmbH ist gescheitert. Die belgische Netzgesellschaft Elia wird als Mehrheitsseigner von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch machen und den zum Verkauf stehenden 20%-Anteil für 976,5 Mio. EUR erwerben. Verkäufer ist die australische Beteiligungsgesellschaft IFM Investors, die bisher 40% an 50Hertz hielt. Elia wird ihren Anteil durch den Erwerb von 60% auf 80% erhöhen. Zuvor schien SGCC die Minderheitsbeteiligung schon fast sicher in der Tasche zu haben, da Elia sich zu der Ausübung seines Vorkaufsrechts zunächst zurückhaltend geäußert hatte. Auch hatte das Bundeskartellamt bereits Ende Februar den Einstieg des chinesischen Staatskonzerns genehmigt.
Elia erwartet den Abschluss der Transaktion nach der Zustimmung der zuständigen Behörden für das zweite Quartal. IFM Investors hatte Anfang Februar offiziell angekündigt, die Hälfte ihres 40%-prozentigen Minderheitsanteils verkaufen zu wollen. Laut Medienberichten soll SGCC den Australiern für die Beteiligung zwischen 800 Mio. EUR und 1 Mrd. EUR geboten haben.
Kritik der Regierung
Das Ansinnen des chinesischen Staatsunternehmens stieß in der deutschen Politik sogleich auf Kritik. Schließlich handelt es sich bei 50Hertz um ein Unternehmen, das als Stromnetzbetreiber im Bereich der sogenannten kritischen Infrastruktur tätig ist. Allerdings waren der Bundesregierung offiziell die Hände gebunden. Denn die verpflichtende Überprüfung ausländischer Investitionen in kritische Infrastruktur greift erst ab einer Beteiligung von mindestens 25%. Die Außenwirtschaftsverordnung war erst im vergangenen Sommer dahingehend verschärft worden. In verschiedenen Medien wurden Vermutungen geäußert, dass das Bundeswirtschaftsministerium in den vergangenen Wochen Elia zur Ausübung des Vorkaufsrechts gedrängt haben könnte. Das Ministerium selbst wies Spekulationen über eine mögliche Einflussnahme zurück.
Stabile Netze
50Hertz war 2010 von Vattenfall für 810 Mio. EUR an Elia und IFM verkauft worden, um damals rechtliche Vorgaben bezüglich der Trennung von Netzbetrieb und Stromerzeugung umzusetzen. Insbesondere seit der Energiewende hat 50Hertz seine Expertise erweitert, wie man Netze stabil betreibt, in die Strom aus erneuerbaren Energiequellen mit ihren hohen Output-Schwankungen und konventionellen Kraftwerken eingespeist wird.
Riese aus China
Dieses Know-how könnte für SGCC angesichts des auch in China steigenden Anteils von Wind- und Solarenergie von besonderem Interesse bei dem Angebot für den 20%-Anteil gewesen sein. SGCC ist mit 1,72 Mio. Mitarbeitern und einem Grundkapital von 536,3 Mrd. RMB (68,7 Mrd. EUR) eines der größten Unternehmen der Welt. In seiner Heimat ist der Konzern ist für die Stromversorgung von 1,1 Mrd. Menschen bzw. 88% der Landesfläche verantwortlich. Das der Zentralregierung in Peking unterstellte Staatsunternehmen ist bereits an Stromnetzbetreibern in Portugal, Italien und Griechenland beteiligt.
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