China ist hinsichtlich Valuten und Kapitaltransfers ein reguliertes Land. Das heißt, die Zuführung ausländischen Kapitals unterliegt bestimmten Regelungen. Welche Finanzierungslösungen gibt es dann für chinesische Tochtergesellschaften, wenn für die Investition in China ein gewisses Investmentkapital benötigt wird?
Ideal (und nicht reguliert) wäre es für das Investment der chinesischen Tochtergesellschaft, ein Bankdarlehen von einer lokalen chinesischen Bank zu bekommen. Hierbei gibt es zwei sogenannte Hauptarten: Den Working Capital Loan (Betriebsmittelkredit) und den Investment Loan (Investitionsdarlehen). Dazu muss klar anhand eines Business- oder Investmentplans angezeigt werden, worum es sich handelt. Gemischte Kredite sind als Finanzierungslösungen für chinesische Tochtergesellschaften nahezu nicht zu bekommen. Wer einen Investitionskredit bekommt, kann zudem nicht frei über diesen verfügen. Es dürfen nur Investitionen bezahlt werden und nicht zum Beispiel die nächste Lohnrechnung.
Die Grundpfeiler, um einen Kredit aufzubauen, sind daher Vertrauen, Offenheit, klare Zahlen und plausible Planungsrechnungen, die der Bank zur Verfügung gestellt werden. Wie überall auf der Welt wird auch in China viel Wert daraufgelegt, dass die Bank zu dem Unternehmen und den Managern des Unternehmens ein Vertrauensverhältnis aufbauen kann.
Während COVID-19 ist es nun sehr schwer geworden, den direkten Kontakt in China zu pflegen. Zwar ist es tatsächlich möglich, Kredite hauptsächlich via Videokonferenzen über WeChat und Zoom etc. zu verhandeln, aber dafür braucht man bereits einen gewissen Vertrauensbonus und -standing in China.
Hauptkreditarten:
Investment Loan und Working Capital Loan
In China unterscheidet man, wie bereits erwähnt, zwischen den Hauptkreditarten Investment Loan und Working Capital Loan. Dabei kennen die chinesischen Banken verschiedene Laufzeiten und Tilgungsformen. Üblich ist das Annuitätendarlehen zur Rückzahlung. Unternehmen können aber auch eine gewisse Ballonfinanzierung vereinbaren. Beispielweise so, dass annuitätisch bis auf einen Restballon von 25 bis 30 % getilgt wird. Dieser Restballon kann man dann über eine Anschlussverhandlung entweder in einer Summe ablösen oder man vereinbart eine Anschlussfinanzierung. Wichtig zu beachten, ist dass im Unterschied zu deutschen Geldhäusern die Erwartungserhaltung chinesischer Banken hinsichtlich der Laufzeiten relativ kurz ist.
Wenn ein deutsches Unternehmen erst kurz am Markt besteht (eher kleineres Fremdkapital) und einen Investitionskredit beantragt, möchten chinesische Banken häufig eine dreijährige Laufzeit vereinbaren. Erst im Laufe der Zeit, wenn Vertrauen aufgebaut wurde, ist es wahrscheinlicher, dass eine fünf- oder fünfeinhalbjährige Laufzeit vereinbart werden kann. Betriebsgrundstücksfinanzierungen gehen etwas länger, aber auch nicht, wie in Deutschland, 20 oder 30 Jahre, sondern eher acht bis zwölf Jahre.
Working Capital Loan (Betriebsmittelkredite)
Cash-Flow-Kredite sind kurzfristige Liquiditätskredite, um den Betriebsmittelbedarf von Unternehmen in Produktion und Betrieb zu decken.
Der Working Capital Loan ist eine Umlauffinanzierung, häufig mit einer Laufzeit von einem Jahr, wobei i.d.R. dann eine Verlängerung des Kredites anvisiert wird. Aus deutscher Finanzierungssicht bedeutet eine Verlängerung des Kredites eine Vertragsprolongation. Damit wird letztlich impliziert, dass der Vertrag bestehen bleibt und es gelingt, ein weiteres Jahr hinten anzuhängen. Das ist in Einzelfällen in China auch möglich. Beispielsweise hat die Bank of China kürzlich einer Tochtergesellschaft in China die Verlängerung des sogenannten „Corona Supporting Loans“ gewährt. Dieser war ursprünglich im März/April 2020 als eine der chinesischen Unterstützungsmaßnahmen für von der Pandemie betroffenen Unternehmen vergeben worden. Dies stellte, nach deutschem Verständnis, eine „echte“ Verlängerung dar, das heißt, das Geld musste dafür nicht berührt werden.
Üblicher ist in China jedoch bei einer Verlängerung eine Rückzahlung und dann (eventuell) sehr schnelle Wiedergewähr. Daher spricht man davon, dass diese Liquidität „angefasst“ werden müsste. Wir empfehlen daher möglichst frühzeitig bei Vertragsschluss – und nicht erst in letzter Minute – zu klären, wie es um das Verständnis der Bank steht, wenn es um die Verlängerung des „Working Capital Loan“ geht.
Dem Working Capital Loan steht in Deutschland der sogenannte Kontokorrentkredit gegenüber. Hier wird von der Bank eine Kreditlinie eingeräumt wird, wie beispielsweise zehn Mio. EUR. Bis zu dieser Linie kann der Kredit in Deutschland in Anspruch genommen werden. Je nachdem, ob dem Unternehmen ein Kunde auf dieses Konto etwas einzahlt, besteht jeden Monat ein anderer Saldo. In China stellt der Working Capital Loan dagegen einen Festbetrag dar, der einmal zur Auszahlung kommt und in voller Höhe verzinst wird.
Investment Loan
Die zweite große Kreditart in China ist der Investment Loan oder das Sachdarlehen (Fixed Asset Loan). Dieser ist klar Teil der Finanzierungslösungen für chinesische Tochtergesellschaften, aber auf eine konkrete Investition zugesagt. Als Sachdarlehen werden Kredite bezeichnet, die zur Deckung des Bedarfs der Kreditnehmer im Produktions- und Betriebsprozess auf der Grundlage der Investitionstätigkeit des Anlagevermögens generiert werden. Das könnten ein Neubau, eine Erweiterung, Ausbau, Kauf oder Renovierung usw. sein.
Das Investitionsvorhaben muss genau beschrieben werden, um erfolgreich einen Investment Loan zu bekommen. Es muss zwar nicht der genaue Maschinentyp benannt werden, aber z.B., ob es sich für die Produktion von dies oder jenem oder um eine Dreh- oder Schleifmaschine handelt.
Gesellschafterdarlehen
Selbst wenn es Ihnen gelingt, Ihr Unternehmen in China gut zu präsentieren und Vertrauen bei den Banken zu erwecken, kommen Sie nicht umhin, einen Teil des Stammkapitals, welches in China von der Verzinsung ausgenommen ist, beizusteuern.
Die Realität ist, dass das deutsche Mutterunternehmen sich auch den Anteil, den es als Stammkapital in die chinesische Tochtergesellschaft steckt, in Deutschland fremdfinanziert.
Insofern ist es ein Interesse vieler deutscher Unternehmen, dass möglichst viel Zinsen aus China zurückkommen, um die Verzinsung, die in Deutschland auf der Fremdkapital-Seite durch dieses Investment entsteht, decken zu können.
Für einen Shareholder Loan benötigt man in China einen durch das chinesische Finanzamt und die Devisenbehörde SAFE genehmigten Vertrag, bei dem auf die Fremdvergleichbarkeit abgestellt wird. Außerdem wird darauf geachtet, dass die Verzinsung angemessen ist und die Rückzahlungsmodalitäten klar geregelt sind.
Dazu kommt, dass die Aufnahme von Gesellschafterdarlehen an das eingezahlte Eigenkapital gekoppelt ist.
Was wenig Aussicht auf Erfolg hat, sind deutsche Vereinbarungen, wie „eine Sondertilgung ist jederzeit möglich“. Solch eine Sondertilgung würde einen über den Annuitätenplan hinausgehenden, weiteren plötzlichen Devisenabfluss in das Ausland, was nicht genehmigungsfähig ist, bedeuten. Wir empfehlen, einen einfachen Annuitäten-Plan zu machen und den Gesellschafterdarlehensvertrag in den Kreditvertrag mit hineinnehmen. Zur Anerkennungsfähigkeit der Zinsen muss man sich nach der Ortsüblichkeit richten. Unternehmen mit guter Bonität können Kredite mit knapp unter 5% bis knapp unter 6% per anno bekommen.
Zinsen von 12% werden Sie nur schwer genehmigt bekommen, denn hierfür müsste nachgewiesen werden können, dass das Mutterunternehmen solche hohen Zinsaufwendungen hat und es sich also letztlich um eine Weiterbelastung von Kosten handeln würde. – Eher ein Spezialfall!
Chinesisches Bankkonto ist Voraussetzung
Wenn Sie letztlich ein Gesellschafterdarlehen bekommen, können sie dieses nicht direkt auszahlen. Es wird ein eigenes chinesisches Bankkonto für den einzelnen Shareholder Loan benötigt. Zudem sollte beachtet werden, wenn es zur Zinszahlung kommt, dass Zinsen in China der Quellensteuer unterliegen, genau wie Dienstleistungen – die Systematik ist im Prinzip ähnlich, mit der Ausnahme, dass die VAT auf Zinsen nicht abziehbar ist.
Best-Practice-Tipp: Um Darlehensregelungen etwas flexibler handhaben zu können, kann es Sinn machen, zunächst eine Darlehenshöhe zu definieren. Diese sollte deutlich über dem Betrag liegen, der sofortig eingezahlt werden soll. Sie muss allerdings prozentual in die Eigenkapital-Fremdkapital-Relation hineinpassen. Beispielsweise könnten zwar drei Mio. EUR hineinpassen, das Unternehmen plant aber zunächst mit nur einer Mio. EUR. Durch den zuvor schon höher vereinbarten Darlehensbetrag, kann man später flexibel nochmal „nachlegen“ ohne, dass das ganze notwendige Prozedere erneut durchlaufen werden muss. Das heißt, Sie sparen sich Bürokratie, Kosten und Zeit (min. 4 Wochen), müssen nicht wieder zu der Devisenbehörde SAFE sowie zum Finanzamt und kein neues weiteres Bankkonto anlegen, sondern haben sich bereits einen etwas größeren Rahmen geschaffen.
Unternehmensanleihen
Etwas größere Automotive Supplier sind häufig hoch anlagenintensiv sind und weisen einen hohen Finanzierungsbedarf auf. Dabei sind die Banken eher zurückhaltend, wenn man Finanzierung für das Chinageschäft benötigt. Es ist allerdings möglich, in Deutschland Mittelstandsanleihen zu konzipieren und aufzulegen. Dabei wird impliziert, dass ein Großteil für das Investment der Tochtergesellschaft in China ist. Hierbei nimmt die deutsche Muttergesellschaft am deutschen Kapitalmarkt eine Unternehmensanleihe auf und gibt diese dann als Shareholder Loan in ihre deutsche Tochtergesellschaft in China und die nutzt sie für ihre Investitionen.
Wenn man sich in Deutschland Fremdkapital (beispielsweise Banken- oder Anleihekapital ) holt und dann nach China weiterreicht, bedeutet das, dass sich die Bilanzrelationen verschlechtern. Man hat also Verbindlichkeiten dort, wo man das Geld nicht verwendet und hat als Aktivposten dagegen Forderungen gegen die chinesische Tochtergesellschaft, was nicht die Bilanzstabilität hat, wie z.B. ein Grundstück. Insofern sind Unternehmensanleihen eine der möglichen Finanzierungslösungen für chinesische Tochtergesellschaften aber eher ein einzugehender Kompromiss. Allerdings einer, der sich bereits vielfach bewährt hat. Besser wäre es jedoch, wenn deutsche Unternehmen Anleihen am chinesischen Markt emittieren könnten. Denn dann würde das Fremdkapital auch dort in der Bilanz auftauchen, wo es Verwendung findet. Bis dies möglich ist dauert es aber wohl noch eine Weile.
Factoring
Factoring ist eine Finanzierungsform, die durch den Verkauf offener Forderungen an Dritte die Liquidität eines Unternehmens unmittelbar steigert. Das Image von Factoring hat sich in den letzten 30 Jahren um einiges verbessert.
Im Vergleich zu Kontokorrentkrediten ist das Factoring eine kosten- und bilanzpostengünstigere Alternative. Zumindest dann, wenn es sich um echtes Factoring in Verbindung mit mittlerweile häufig angebotenen Servicedienstleistungen, wie Versicherungen handelt. Es stellt einen gewissen Sicherheitsaspekt für das Unternehmen dar, wenn 75% oder 80 % des Forderungsbestandes versichert ist. Auch, dass vor dem Factoring-Eintritt für X- oder Y-Kunde eine Bonitätsprüfung für X- oder Y-Kunde vorgenommen wird, generiert mehr Sicherheit.
Factoring gibt es mittlerweile in China, aber ist dort längst noch nicht an dem Stellenwert angekommen, wo es in Deutschland steht. Es ist auch von Deutschland aus möglich, Factoring-Lösungen für Mandanten in China zu arrangieren. Damit kommt es als eine der Finanzierungslösungen für chinesische Tochtergesellschaften in Frage. Allerdings ist das Factoring mit, im Vergleich zu Deutschland, relativ hohen Kosten hinsichtlich der Verzinsung von 3,9 % pro Jahr verbunden.
Dass Factoring in China noch nicht sonderlich verbreitet ist, bringt auch einen weiteren Nachteil mit sich. So ist der Bearbeitungsaufwand deutlich höher als für eine schlichte eingeräumte Kontokorrent-Kreditlinie. Es ist jedoch absehbar, dass sich dies verändert.
Dabei sind die Anbieter häufig nicht die klassischen Banken, sondern zum Beispiel Tochtergesellschaften von Banken oder bankfremde Finanzierer, in der Regel bankfremde Finanzierer. Zudem existiert am Rande noch das sogenannte Fine Trading oder Reverse Factoring, „reverse“ weil es „zur anderen Seite hingeht“. Das normale Factoring geht „nach vorne“ zum Kunden. Wenn beispielsweise ein Unternehmen eine Leistung erbracht hat und seine vertragliche Verpflichtung dem Kunden gegenüber erfüllt hat, schickt es die Ware zum Kunden. Diesem werden 60 Tage Zahlungsziel (was gefactored wird) gewährt.
Reverse Factoring
Da man folglich eine große Zeitspanne zu überbrücken/finanzieren hat, weil es die Leistung noch nicht fertig gibt, kann Reverse Factoring Abhilfe schaffen. Da hierbei der Reverse Factorer die Ware bei dem Lieferanten kauft und bezahlt (innerhalb von 7-10 Tagen), was dazu führt, dass man nach wenigen Tagen als Unternehmen das Skonto bei dem Lieferanten bekommt. Dazu räumt der Reverse Factorer dem Unternehmen dann z.B. ein Zahlungsziel ein, was zu dem Kunden des Unternehmens passt.
In dieser Zeit, wo aus dem halbfertigen Produkt das ganzfertige wird, wandelt sich der Reverse Factorer zum Factorer. China hat für deutsche Verhältnisse mit sehr hohen Zahlungszielen im Leistungsverkehr zu kämpfen. Diese können unter anderem 120 Tage betragen. Zudem verlangen Lieferanten gegenüber Unternehmen oft Vorkasse oder Zahlung bei Lieferung. Im besten Fall gewähren sie 30 Tage. Dies zu synchronisieren, kann schwierig sein.
Leasing – Finanzierung von Maschinen
Leasing gehört auch zu den denkbaren Finanzierungslösungen für chinesische Tochtergesellschaften. Allerdings gibt es Leasing in China so gut wie kaum, da Käufe in der Regel über Kredite finanziert werden. Darüber hinaus dürfen deutsche Leasinggesellschaften nicht direkt in China, von Deutschland aus, die Finanzierung von Maschinen durchführen.
In Deutschland ist ein zweiseitiger Vertrag zwischen einer Bank und einem Sicherungsgeber/Kreditnehmer, in dem die Maschine genau beschrieben wird, ausreichend. Man hofft damit auf Bankenseite, dass dieselbe Maschine nicht einem anderen auch sicherungsübereignet ist. In China kann man Maschinen nicht einfach so sicherheitsübereignen. Es gibt ein Sicherungsübereignungsregister (geführt bei der Administration of Industry and Commerce). Hier werden Firmennamen und Maschinen aufgeführt, wodurch Sicherungsübereignungsbetrug vermieden werden kann.
Wenn eine schnelle Auszahlung in China benötigt wird, muss daher berücksichtigt werden, dass dies eine gewisse Zeit dauern kann.
Dr. Michael Bormann
ist Steuerberater und Gründungspartner der Sozietät bdp Bormann Demant & Partner. Er ist insbesondere auf internationales Steuerrecht und Finanzierungen mit dem Fokus China spezialisiert. Dr. Bormann begleitet international tätige deutsche mittelständische Unternehmen bei ihren gesamten Engagements vor Ort.
Fang Fang
Fang Fang ist Prokuristin und leitet bei bdp das China Desk. Sie betreut sowohl die Mandanten bei deren Gang nach China in den Headquarters in Deutschland als auch die neu gegründeten Tochtergesellschaften vor Ort in China in den dortigen bdp-Büros.