Herzlichen Glückwunsch zur Ehrenprofessur an der Zhejjiang Universität für Wissenschaft und Technik, Frau Botschafterin!
Die Universität sei eine wichtige Säule der deutsch-chinesischen Wissenschaftskooperation, schreibt die deutsche Botschafterin in China, Patricia Flor, am 8. November auf ‚X‘ [Twitter]. Und fügt an, sich privilegiert zu fühlen, diese Professur zu erhalten. Zu Recht.
Nicht das erste Mal betont die Botschafterin die Bedeutung eines lebendigen deutsch-chinesischen Dialogs für die Zukunft der Beziehungen zwischen beiden Ländern. Miteinander reden, sich austauschen, den Partner besser zu verstehen versuchen – das ist der Diplomatin offensichtlich wichtig. Und doch wirkt ihr Werben wie das ‚einsame Rufen in der Wüste‘.
Denn fast zeitgleich zur Verleihung der Professur an die deutsche Botschafterin in Hangzhou, der Provinzhauptstadt von Zhejiang, wird in Berlin Tabula rasa gemacht. Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger warnt vor Wissenschaftlern aus China und bemüht dabei das ‚Gespenst des Kommunismus‘.
Chinesische Wissenschaftler will sie aus deutschen Universitäten und Forschungseinrichtungen jetzt scheinbar gänzlich verbannen. Zuvor hatte sie schon vor Stipendiaten aus China gewarnt – sie könnten gezielt geschickt werden, um deutsches Knowhow auszuspionieren. Austauschprogramme werden zurückgefahren. Stiftungen, die sich dem Wissenschafts- und Kulturdialog verschrieben haben, müssen sich aus China zurückziehen.
Und in Deutschland will man die chinesischen Konfuzius-Institute zwar nicht schließen, aber dem Einfluss der Eigentümer entziehen, damit die Institute die deutsche Gesellschaft nicht infiltrieren können. Die Entscheidung wird selbstverständlich ohne den Wirt getroffen. Ohne deutschen China-Experten und Sinologen, zu denen auch ich gehöre, zu nahe treten zu wollen, mutet es seltsam an, wenn deutsche Politiker meinen, Chinesen würden nicht gebraucht, um den Deutschen Chinas Sprache und Kultur nahe zu bringen. Das ähnelt der zunehmenden Meinung in den Chefredaktionen deutscher Medien, über China könne auch aus Deutschland heraus berichtet werden. Am Geschehen nahe dran zu sein, das war einmal: Jedenfalls mit Blick auf China.
Nur weil Grüne, Gelbe und so manch Roter in Berlin meinen, China habe sich verändert, aber nicht so, wie sie es sich vorgestellt haben, wird versucht, immer mehr Brücken zu kappen. Dabei wird eingerissen, was in den vergangenen mehr als 40 Jahren mühevoll aufgebaut wurde. Jedem sollte jedoch bewusst sein: Leicht ist es zu zerstören, die Risse wieder zu kitten aber nicht.
Wenn in der umstrittenen deutschen China-Strategie, die in weiten Teilen nicht als Strategie bezeichnet werden kann, betont wird, Deutschland brauche mehr China-Kompetenz, fragt sich, wie diese erreicht werden soll, wenn Dialog und Austausch auf ein Minimum zurückgefahren und chinesische Wissenschaftler verprellt werden. Darauf zu warten, dass China sich nach deutschem Willen wandelt und dabei weiter Porzellan zu zerschlagen, ist kaum zukunftsfähig.
Politische Größe zeigt, wer bereit ist, das Anderssein des Partners zu akzeptieren und gemeinsam Zukunftsvisionen zu entwickeln. Nicht missionieren, sondern vermitteln. Als Wahl-Qingdaoer verweise ich an dieser Stelle gern auf Richard Wilhelm: Als Missionar kam er Ende des 19. Jahrhunderts in die Stadt, um, angekommen, weniger zu missionieren, als sich der deutsch-chinesischen Verständigung zu widmen. An dem Pionier des offenen Dialogs zwischen beiden Ländern sollten sich die Berliner Politiker stärker orientieren. Auch damit die Botschafterin in Peking nicht auf einsamem Posten steht.
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Peter Tichauer
Peter Tichauer ist ein ausgewiesener China-Experte. Nachdem er mehr als 20 Jahre das Wirtschaftsmagazin ChinaContact aufgebaut und als Chefredakteur geleitet hat, ist er seit 2018 im Deutsch-Chinesischen Ökopark Qingdao (www.sgep-qd.de) für die Kommunikation mit Deutschland verantwortlich.