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Besser starten als warten

Bildnachweis: 2ragon – stock.adobe.com.

Mit „Weniger China wagen“ hat die GTAI kürzlich ihre SWOT-Analyse zu China überschrieben. Der Titel spiegelt wohl mehr die politische Stimmung und den Stand der öffentlichen Diskussion wider als die wirtschaftliche Realität. Trotz COVID-Lockdowns und Risiken ist Chinas Wirtschafts­entwicklung nämlich stabil. Die prognostizierten 4% Wirtschaftswachstum 2022 sind in absoluten Zahlen sogar mehr als die knapp 7% im Jahr 2017. Dabei setzt sich auch in der deutschen Politik langsam die Erkenntnis durch, dass die Entkoppelung von China für die deutsche Wirtschaft weder machbar noch sinnvoll ist. Zu viele Zukunftssektoren können rein praktisch betrachtet nur in wirtschaftlicher Kooperation bearbeitet werden. Damit werden sich 2023 vielerlei Chancen für Investitionen in und mit China eröffnen.

Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen sich gerade exportorientierte Unternehmen verstärkt mit einem Engagement in China und Asien auseinandersetzen, insbesondere wenn sie derzeit nur über Händlerstrukturen vor Ort agieren. Wurden die deutschen Unternehmen früher vor allem durch niedrige Lohnkosten motiviert, mit eigenen Niederlassungen nach China zu gehen, war es später der oft große, aber in jedem Fall wachsende Binnenmarkt für zumeist B2B-Produkte des deutschen Mittelstands.

Heute wird China zunehmend als Innovationsstandort gesehen – oder zumindest als Ideengeber für Produktwünsche anderer asiatischer Kunden und als Standort für die Bearbeitung des Weltmarkts. Man kann also seine Wettbewerbsfähigkeit im innovativen Umfeld Chinas sowie durch die Bearbeitung des wachsenden asiatischen Markts mit 2,3 Milliarden Einwohnern, die im Durchschnitt deutlich jünger als in der westlichen Welt sind, massiv stärken.

World Average of robot density more than doubles compared to six yeras ago; Quelle: World Robotics 2022, www.ifr.org

Bereits heute gibt es Branchen, in denen China weltweit hinsichtlich Produktionskapazität die Führungsrolle übernommen hat, immer öfter aber auch in technologischer Hinsicht.

Wachstumsmarkt Photovoltaik

Ein Beispiel ist die Photovoltaik-(PV-) Industrie (PV). Die EU-Kommission verfolgt das politische Ziel, die installierte PV-Leistung bis 2025 auf 300 GW auszubauen, bei derzeit <10 GW Produktionskapazität in der EU. Die Photovoltaik erlebt gegenwärtig ein rasantes Wachstum von +50% im dritten Quartal 2022 verglichen mit dem Vorjahreszeitraum (Export: +110%, 35 Mrd. USD, >100 GW).

Nach einer Analyse von Apricum planen 20 chinesische Firmen den Aufbau von PV-Fertigungskapazitäten von 380 GW innerhalb Chinas in den nächsten zwei Jahren. Der Vergleich zu dem vom EU-Kommissar Thierry Breton ausgegebenen Ziel eines Aufbaus von 20 GW PV-Fertigungskapazität bis 2025 in Europa zeigt die ­Dimension des chinesischen Vorsprungs, aber auch die Chancen für Anlagenbauer als Marktteilnehmer in China.

Deutschland hat schlicht verpasst, dort als Komplettsystemanbieter zu agieren, obwohl hier ein erheblicher Teil technologischer Vorarbeit in Europa geleistet wurde. Aus der Sicht mittelständischer Unternehmen mit Technologieführerschaft in Nischensegmenten, muss man in jedem Fall in China sein, um diese bedienen zu können sowohl mit lokaler Produktion als auch mit lokalem Service vor Ort.

Nehmen wir die Firma centrotherm, die 2018 ­eine Fertigung in China aufbaute. Sie ist mit ihrer Tochter in Kunshan ansässig. Vor Ort stellt man erfolgreich thermische Anlagen zur Solarmodulherstellung mitsamt Peripherie her und vertreibt sie sehr erfolgreich in China für ein oberes Marktsegment. Auf dieser Grundlage kann stetig im chinesischen Markt weiter expandiert werden.

Roboterindustrie zeigt Weg in die ­Zukunft

Eine weitere Branche unter hohem Augen­merk Beijings ist die Roboterindustrie. Hier hat China in der Roboterdichte 2021 noch einmal beachtlich zugelegt und liegt nach Angaben der International Federation of Robotik (IFR) nun bei 322 Robotern auf 10.000 Beschäftigte (2020: 246/10.000). Damit überholt China erstmals die USA in der Roboterdichte, die dort mit 274 Robotern auf 10.000 Beschäftigte angegeben wird (Deutschland: 397/10.000).

Für die Roboterherstellerindustrie stellt sich die Situation aber anders dar als bei Photovoltaik oder Wasserstofftechnik. Ausländische Hersteller wie ABB, FANUC oder Yaskawa beherrschen nach wie vor den Markt, während große chinesische Hersteller wie SIASUN, EFORT oder Estun relativ stabil mit circa 30% Marktanteil operieren.

Quelle: World Robotics 2022, Quelle: A new Centre of Gravity, RCEP and ist Trade Effects, UNCTAD, Dezember 2021

Übrigens sind die chinesischen ­Roboterhersteller bisher überwiegend auf dem Heimatmarkt aktiv mit Exportquoten unter10%. Nur vereinzelt agieren sie unter eigener Marke in Europa wie beispielsweise Estun, die seit 2017 mit einem R&D-Zentrum in Italien ansässig sind. Umgekehrt gilt für europäische Unternehmen: Wer nicht vor Ort ist, wird die Entwicklungen und Kundenanforderungen verschlafen, die derzeit im chinesischen Markt – nicht zuletzt – dank reduzierter Reglementierung – bei kollaborativen Robotern, dem Einsatz von künstlicher Intelligenz oder automatisierter optischer Erkennung forciert werden. Und bevor chinesische Unternehmen die westlichen Märkte intensiv zu bespielen beginnen – in manchen Zweigen des Maschinenbaus und bei der E-Mobilität ist dies bereits spürbar –, sollte man seinen Wettbewerb und dessen Technologien kennen!

Von China aus in den Weltmarkt

30% der Weltwirtschaftsleistung und der Weltbevölkerung sind in Japan, China, Südkorea, Australien und Neuseeland sowie den ASEAN-Mitgliedsstaaten zu Hause. Die Möglichkeiten, den asiatischen Markt aus China heraus zu bearbeiten, sind mit Inkrafttreten des asiatischen Handelsabkommens RCEP (ASEAN plus die fünf genannten Länder, ohne Indien) Anfang 2022 noch einmal deutlich gewachsen. Durch das Abkommen sinken die Zölle auf im RCEP-Raum (hauptsächlich) produzierte Waren und Güter nach Einschätzung der Vereinten Nationen (UNCTAD) um 92%!

Die UNCTAD erwartet eine Zunahme der Warenexporte innerhalb des RCEP-Raums um 42 Mrd. USD mit Zuwächsen für Japan, China, Südkorea und Australien, während die rein exportfokussierten Unternehmen aus der EU heraus mit -8,3 Mrd. USD die großen Verlierer sein werden. Insofern erscheint eine in Asien lokale Wertschöpfung unausweichlich, um wettbewerbsfähig zu bleiben.

Die GTAI hat in diesem Zusammenhang Beispiele erarbeitet, die die hohe Relevanz auch für deutsche Mittelständler und ihre Exportprodukte zeigen. Für den Import eines Verbrennungsmotors von Japan nach China muss beispielsweise kein Zoll entrichtet werden, wenn >40% der verarbeiteten Teile aus Japan kommen. Um diese 40% und damit den Zollfreistatus zu erreichen, macht es einen Unterschied, ob ein Zulieferteil (z.B. ein Kolben) aus einem Nicht-RCEP-Land wie Deutschland kommt oder innerhalb des RCEP-Raums produziert wurde – da die 40% auch kumuliert aus RCEP-Ländern stammen dürfen, um die Zollpräferenz in diesem Fall Japan zu erfüllen.

Die ­Ursprungslandquoten sind je nach Produkt unterschiedlich. Klar ist, dass ein Erreichen der erforderlichen Voraussetzungen für europäische Komponenten schwieriger wird , während Hersteller in Asien strategisch darauf achten werden, die Quoten sicher zu erfüllen.

China kommt dabei für die deutsche Industrie eine Schlüsselrolle zu, denn das Land bietet nach wie vor eine sehr gute Basis für die Erschließung asiatischer Märkte: Tiefe Zulieferketten, qualifizierte Arbeitnehmer, eine steigende, aber noch moderate Kostenstruktur, ein regulatorisch einheitlicher Binnenmarkt und oft bereits vorhandene Unternehmensstrukturen.

FAZIT

Um im asiatischen Markt und im Wettbewerb mit chinesischen Unternehmen zu bestehen, müssen viele mittelständische deutsche Unternehmen sich zukünftig in China Südostasien stärker engagieren. Das Risiko, sich dem Wettbewerb und der Innovationskraft nicht vor Ort zu stellen, wird man spätestens dann begreifen, wenn bislang noch weitgehend unbekannte asiatische Hersteller mit ihren Technologien nach ­Europa drängen. Die Versäumnisse im Aufbau der Batterietechnik, in der Südkorea und China inzwischen globale Technologieführer sind, sollten uns Lehre und Motivation genug sein. Im Jahr 2023 sollten Unternehmen die Weichen für ihre Zukunft stellen und intelligent mehr China wagen.

www.startupfactory-china.de

Bringt der Hase, was er verspricht?

Deutschland China CAI

In wenigen Tagen wird der Tiger vom Hasen davongejagt. Was so unglaublich klingt, geschieht in der Nacht zum 22. Januar: Das Jahr des Hasen löst das Jahr des Tigers ab.

Hasen sind, so heißt es, talentiert, umsichtig, ehrgeizig, auch elegant. Auf Eleganz lässt sich verzichten, wenn es gelingt, das neue Jahr mit Talent und Ehrgeiz zu gestalten, und umsichtig zu handeln.

Nach dem unerwarteten und abrupten U-Turn in der chinesischen Corona-Politik Anfang Dezember und der kompletten Wieder-Öffnung des Landes 30 Tage später ist die Zeit gekommen, erneut durchzustarten, anzuknüpfen an Altem, sich aber auch dem veränderten internationalen Umfeld zu stellen. Lieferketten müssen wieder funktionieren, der persönliche Austausch muss wichtiger als Video-Calls werden, um Unstimmigkeiten schneller aus dem Weg zu räumen und Gemeinsamkeiten zu finden. Dialog mit – und nicht übereinander – das sollte in den Mittelpunkt gerückt werden. Im Kleinen wie im Großen. Im alltäglichen Geschäft wie in der sogenannten „großen“ Politik. Vertrauen muss wiedergewonnen, Zuversicht gestärkt werden.

So sollten wir, in das Jahr des Hasen startend, zuallererst gegenseitige Schuldzuweisungen hintanstellen. Keinem hilft, den anderen zu belehren, was „wissenschaftlich begründet“ oder was „nicht angemessen“ ist. Dass die Pandemie noch nicht vorbei ist, auch wenn sie hier und da bereits als endemisch betrachtet wird, sollte allen klar sein. Es bleibt ein Vor und Zurück. Vorkehrungen zu treffen, damit wir nicht wieder im Jahr 2020 landen, ist nur zu selbstverständlich. Überall auf der Welt. Nachdem die Chinesen vergangenes Jahr fast täglich zum PCR-Test „getrieben“ wurden, dürfte es auch keine große Hürde sein, sich vor dem Besteigen eines Flugzeuges testen zu lassen, letzten Endes zur eigenen Sicherheit. Darüber lamentieren – wozu? Ab und an ist es besser, einmal zu schweigen.

Denn entscheidend ist, dass Geschäftsleute wieder zusammenkommen können, ob in China oder Europa. Entscheidend ist, gemeinsam Ideen zu entwickeln, um die Herausforderungen der Zeit zu lösen. Entscheidend ist auch, Strategien zu formulieren, die nicht darauf zielen, einen Konkurrenten auszuschalten. Es muss darum gehen, die Kraft des Wettbewerbs zu nutzen, um Stärken zu stärken, gemeinsam im gemeinsamen Interesse. Politische Entscheidungen, die einschränken, anstatt Kräfte zu entfesseln, schaden nicht nur der Wirtschaft, sondern gefährden auch den gesellschaftlichen Wohlstand. Sogenannte wertebasierte Wirtschafts- und Außenpolitik sollte immer auch berücksichtigen und akzeptieren, dass Werte anderswo anders betrachtet werden.

Globalisierung mag manchem als gescheitert erscheinen, in die Tage gekommen. Doch wer sich oder andere abkoppelt, manövriert sich nur ins Abseits. Die Globalisierung muss auf neue Füße gestellt werden, innovativer werden. Kein exklusiver Club, sondern ein Modell internationalen wirtschaftlichen Handelns, an dem jedes Land partizipiert – und profitiert.

Illusorisch wäre es zu glauben, nach drei Jahren Pandemie dort fortsetzen zu können, wo Ende 2019, Anfang 2020 vieles zum Stillstand gekommen ist. Nein, der Hase muss schon große Sprünge im neuen Jahr machen. Möge er aber nicht zu viele Haken schlagen –damit es ein gutes Jahr wird.

Peter Tichauer ist ausgewiesener China-Experte. Nachdem er mehr als 20 Jahre das Wirtschaftsmagazin ChinaContact aufgebaut und als Chefredakteur geleitet hat, ist er seit 2018 im Deutsch-Chinesischen Ökopark Qingdao (www.sgep-qd.de) für die Kommunikation mit Deutschland verantwortlich.

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Schon unsere brandneue Jahresausgabe ‚Anleihen 2022‘ (11. Jg., Erscheinungstermin Dez 2022) gesehen?

Die Ausgabe 3/2022 Biotechnologie 2022 der Plattform Life Sciences ist erschienen. Die Ausgabe kann bequem als e-Magazin oder pdf durchgeblättert oder heruntergeladen werden.

! Neu ! Investment Guide 2023 erschienen

Was aktuell im deutsch-chinesischen Investmentgeschehen wichtige Entwicklungen sind, dafür liefert Ihnen unser jährlicher Investment Guide 2023 mit vielen Experten-Beiträgen und -Analysen Antworten.

Hier können Sie ihn schon vorab als digitale Version erhalten, zum Chinese New Year Ende Januar erscheint er in einer nochmals erweiterten Version wie gewohnt als gedruckte Auflage.

Für 2023 zeigen sich am M&A-Horizont Signale für eine vermehrte chinesische Beteiligungsaktivität in Deutschland. Allen voran dürfte die Öffnung Chinas nach dem Lockdown (‚Null-Covid-Strategie‘) positiv wirken, aber auch das ungebrochene Interesse chinesischer Unternehmen an deutschen Targets in Branchen wie Industrie, Gesundheit oder Chemie.

Der Kauf eines Bereichs von ams-OSRAM durch Inventronics aus Hangzhou oder der Kauf der Krüger & Sohn GmbH durch die Sinoseal Holding sind nur zwei der Beispiele dafür aus diesem Jahr. Die M&A Aktivitäten deutscher Unternehmen in China hingegen erreichen gar trotz schwieriger politischer Stimmung gegenüber China nahezu Rekordniveau, allen voran sei die Milliardenbeteiligung von VW bei CARIAD Horizon Robotics genannt.

Was sind nun für das kommende Jahr die wichtigen Faktoren und Rahmenbedingungen im deutsch-chinesischen Investmentgeschehen? Den vertiefenden und hoffentlich erhellenden Blick dafür finden Sie im neuen Investment Guide 2023.

Aus dem Inhalt des Investment Guide 2023

US-Gesetzesvorhaben bedroht deutsche Chinainvestitionen
– Was für China als Standort spricht: Innovationen, Talentpool und Infrastruktur
Lieferketten China-Deutschland: Probleme, Trends, Chancen für Unternehmen und Investoren
Rechtstrends 2023 für Unternehmen, Investitionen und HR
– deutsch-chinesischer M&A Korridor – quo vadis?
– Herausforderungen für Investitionsvorhaben in China: Investoren bekommen Zollbefreiungen und Steuererleichterungen
– Interview „Der M&A-Markt hat bei chinesischen Investoren Nachholbedarf“
– Interview „Ich glaube an mehr chinesische Investitionen in Deutschland“
Joint Ventures als Königsweg für den Gang in den chinesischen Markt
– Unternehmen in China 2023 starten: von China aus in den Weltmarkt
Compliance Tools in China: Softwarelösungen und Hinweisgebersysteme
– wichtige Werkzeuge, die man im Chinageschäft kennen sollte
– Interview „Lokale Wertschöpfungsketten gewinnen in China an Bedeutung
Top-Five-Herausforderungen für die China-Asien-Expansion
Zahlungsverkehrslösungen zwischen China und Deutschland
Währungsabsicherung bringt Planungssicherheit bei Transaktionen
– Rückschritt nach vorne? Expertenumfrage zur Einschätzung der deutsch-chinesischen Investitionen 2023

! Link zum e-Magazin – bitte hier klicken !

Dieses und anderes mehr finden Sie in der aktuellen Ausgabe des Investment Guide 2023. Das e-Magazin zum interaktiven Durchblättern kann natürlich auch als pdf heruntergeladen werden – über Weiterleitungen des Links freuen wir uns genauso wie über Interaktionen in den üblichen Social-Media-Kanälen !

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Cross-Media-Empfehlungen:

Schon die brandneue Jahresausgabe ‚Anleihen 2022‘ (11. Jg., Erscheinungstermin Dez 2022) gesehen? – bequem als pdf zum Downloaden, teilen oder weiterleiten.

Die Ausgabe 3/2022 Biotechnologie 2022 der Plattform Life Sciences ist da. Die Ausgabe kann bequem als e-Magazin oder pdf durchgeblättert oder heruntergeladen werden.

Post M&A-Restructuring: Herausforderung für chinesische Investitionen

Symbolbild. Gavel und Geld.
Quelle: Adobe Stock © thodonal

Chinesische Investitionen in deutsche Unternehmen erfolgen für gewöhnlich durch den Erwerb von Geschäftsanteilen/Aktien und/oder Finanzierungen durch Ausreichung von Darlehen. Gerät die Zielgesellschaft in die Krise, gefährdet dies den Wert der Beteiligung und der Darlehensrückzahlungsansprüche, denn die Gesellschafterdarlehen sind typischerweise nachrangig. Neben dem Verlust des Investments können sich auch noch Haftungsfolgen für den chinesischen Investor sowie den chinesischen Geschäftsführer ergeben.

Verlust des Investments

Das deutsche Insolvenzrecht kennt als oberste Maxime die bestmögliche Gläubigerbefriedigung. Wenn einmal das Insolvenzverfahren eingeleitet worden ist, richtet sich die Entscheidung, ob das Unternehmen liquidiert oder fortgeführt wird oder die Assets des Unternehmens als Going Concern verkauft werden können, danach, welcher Weg für die bestmögliche Gläubigerbefriedigung der vorzugswürdige ist. In dieser Hinsicht sind besonders Situationen gefährlich, in denen der chinesische Investor Gesellschaftsanteile erwirbt und zugleich Gesellschafterdarlehen ausreicht. Im Insolvenzverfahren der deutschen Zielgesellschaft sind Gesellschafterdarlehen nachrangig: Sie werden erst bedient, wenn alle gesicherten und einfachen Insolvenzgläubiger vollständig befriedigt wurden.

Insolvenzanfechtungen von Rückzahlungen von Gesellschafterdarlehen

Darüber hinaus sind auch Zahlungen, die ein Gesellschafter aufgrund eines Gesellschafterdarlehens im Zeitraum von einem Jahr vor der Stellung des Insolvenzantrags erhalten hat, durch den Insolvenzverwalter anfechtbar und müssen in die Insolvenzmasse zurückgeführt werden. Noch weiter zurück reicht die Insolvenzanfechtung von Sicherheiten, die ein Gesellschafter für ein Gesellschafterdarlehen erhalten hat – hier beträgt die Anfechtungsfrist sogar zehn Jahre. Die konkrete Ausgestaltung des Ausreichens von Gesellschafterdarlehen sowie deren Rückzahlungen kann entscheidend sein, um die Haftungsfolgen zu minimieren. So kann es z.B. besser sein, wenn der Gesellschafter erst auf die Sicherheit verzichtet, bevor ein Darlehen zurückgezahlt wird.

Ein Gesellschafter muss auch stets zahlen, wenn er einem Dritten für dessen Darlehen eine Sicherheit gestellt hat – sei es durch Mithaftung, Bürgschaft, Sicherungsübereignung oder andere Personal- oder Realsicherheiten. Diese Haftung des Gesellschafters gilt im Ergebnis unabhängig davon, ob die Gesellschaft den Dritten im Zeitraum von einem Jahr vor dem Insolvenzantrag befriedigt hat oder ob die Gesellschaft dazu nicht mehr in der Lage war.

Vorsicht ist auch bei der Ausreichung von Darlehen und Sicherheiten durch konzernverbundene Unternehmen geboten, die nicht selbst direkt Gesellschafter sind, denn nicht nur der Gesellschafter selbst ist von den erwähnten Regelungen betroffen, sondern auch mit ihm horizontal oder vertikal verbundene Unternehmen.

Schuld bei der Beihilfe zur Insolvenzverschleppung

Ebenso birgt das ungeprüfte Ausreichen von (weiteren) Darlehen durch den chinesischen Investor in der Krise des deutschen Zielunternehmens nicht unerhebliche Risiken. Ein Darlehensgeber kann sich unter Umständen der Beihilfe zur Insolvenzverschleppung schuldig machen, wenn die Gesellschaft im Zeitpunkt der Darlehensvergabe insolvenzreif war, der Darlehensnehmer dies wusste oder sich leichtfertig der entsprechenden Erkenntnis verschloss und so das Hinausschieben des gebotenen Insolvenzantrags bewirkt oder geduldet wird. Vor diesem Hintergrund empfiehlt es sich für den chinesischen Investor, umfassende Informationen einzuholen und sorgfältige Dokumentationen anzufertigen, damit im späteren Streitfall die finanzielle Situation des Zielunternehmens sowie die Intentionen des chinesischen Gesellschafters nachvollziehbar und belegbar sind.

Haftung des Gesellschafters aus Patronatserklärungen

Einen Durchgriff auf das Vermögen des chinesischen Gesellschafters sieht das deutsche Recht bei Kapitalgesellschaften per se nicht vor. Eine Haftung des chinesischen Investors für Verbindlichkeiten des deutschen Zielunternehmens kann aber aus vertraglichen Regelungen resultieren, insbesondere aus Unternehmensverträgen und Patronatserklärungen. Gerade Letztere werden oftmals unüberlegt und weder in zeitlicher noch betragsmäßiger Begrenzung ausgereicht. Häufig werden sie auch „vergessen“ und nicht beseitigt, wenn die Gesellschaft sie eigentlich nicht mehr benötigt. Im Insolvenzfall sind sie für den chinesischen Investor besonders riskant, zumal eine Kündigung erstens zulässig sein muss und zweitens nur für die Zukunft Wirkung hat. Zu empfehlen ist daher, Patronatserklärungen z.B. nur für die Geltung jeweils eines Jahres und idealerweise der Höhe nach begrenzt auszureichen, damit stets neu und bewusst entschieden werden kann, ob und in welchem Umfang die deutsche Zielgesellschaft finanziell gestützt werden soll.

Herausforderungen für chinesische Geschäftsführer

Zusätzliche Risiken bestehen dann, wenn auch die Geschäftsführung durch den chinesischen Investor besetzt wird. Nach dem deutschen Insolvenzrecht obliegt der Geschäftsführung durchgängig die Pflicht zur Überprüfung einer etwaigen Insolvenzantragspflicht. In der Krise und späteren Insolvenz kann dabei häufig eine Art Generalverdacht bestehen, dass die Geschäftsführung nur oberflächlich und fehlerhaft durchgeführt worden ist, wenn der Geschäftsführer seinen Sitz im Ausland hat und typischerweise nicht immer vor Ort am Sitz der Gesellschaft tätig ist. Es können sich persönliche Haftungsrisiken ergeben, insbesondere wegen Insolvenzverschleppung, Zahlungen ab Eintritt der Insolvenzreife, Nichtabführen von Sozialversicherungsbeiträgen und Steuern sowie Eingehungsbetrugs, wenn klar ist, dass das Unternehmen einen Vertrag durchzuführen nicht mehr imstande sein wird. Eine Inanspruchnahme von – auch ausländischen – Geschäftsführern scheuen die Insolvenzverwalter nicht. D&O-Versicherungen bieten hierbei ebenfalls keinen umfassenden Schutz.

Dabei trifft die persönliche Pflicht zur Insolvenzantragsstellung (so denn eine solche zu bejahen ist) jeden einzelnen Geschäftsführer oder Vorstand, unabhängig von statutarischen Vertretungsregelungen, internen Geschäftsverteilungsplänen oder Ressortverantwortlichkeiten. Nötigenfalls muss der einzelne Geschäftsführer oder Vorstand den Insolvenzantrag allein stellen; weder ist eine Zustimmung des Gesellschafters dabei erforderlich noch befreit eine Gesellschafterweisung vom Befolgen der Antragspflicht.

Gerade einem chinesischen Geschäftsführer, der vielleicht nicht dauerhaft vor Ort ist, fällt die Überwachung der Insolvenzantragspflichten aber oftmals schwer. Zum Teil liegt die Schwierigkeit an mangelnder Kenntnis der tatsächlichen Finanzlage der Zielgesellschaft – schließlich überlässt der chinesische Investor häufig der deutschen Geschäftsführung einen wesentlichen Teil des täglichen Managements nach der Transaktion. Zudem sind einem chinesischen Geschäftsführer solche Überwachungspflichten zur Vermeidung der Insolvenz häufig auch unbekannt. Ihnen fehlt darüber hinaus meistens auch die entsprechende Erfahrung, wie ein entsprechender Insolvenztest technisch umzusetzen ist. Die aus der Pflichtverletzung resultierende Haftung kennen sie regelmäßig nicht.

China: Ungewissheit über Konjunkturprogramme und Zölle trübt das Investitionsumfeld

Die Expert:innen von William Blair Investment Management gehen davon aus, dass die chinesische Regierung ihre Konjunkturprogramme durch weitere Anleiheemissionen finanzieren wird.

Die chinesischen Aktienmärkte entwickelten sich im Jahr 2024 relativ gut, sind aber nach wie vor politikgesteuert und etwas richtungslos, da die Anleger auf weitere potenzielle Konjunkturankündigungen der Regierung warten.

In der Zwischenzeit hat der chinesische Markt für Staatsanleihen davon profitiert, dass risikoscheue inländische Anleger ihre Allokation auf festverzinsliche Vermögenswerte verlagert haben. Es herrscht weitgehend Einigkeit darüber, dass mutigere Konjunkturmaßnahmen erforderlich sind.

Trübe Aussichten? Fotolia; © axz65

Die Aussichten für die Aktien- und Anleihemärkte im Jahr 2025 hängen davon ab, was die Regierung als Nächstes unternimmt, um die Wirtschaft wieder anzukurbeln und angesichts des deflationären Drucks im Inland und der drohenden höheren Exportzölle im Ausland einen marktorientierten Wachstumszyklus in Gang zu setzen.

Wie wird sich das auf der Novembertagung des Nationalen Volkskongresses angekündigte Konjunkturpaket auswirken?

Vivian:
 Anfang November kündigte der Nationale Volkskongress Maßnahmen an, die eher als Schuldentausch denn als traditionelles Konjunkturprogramm bezeichnet werden können. Das 10-Bio.-Yuan-Paket besteht aus zwei Teilen: 6 Bio. Yuan in Form von Anhebungen der Schuldenobergrenzen der lokalen Regierungen über einen Zeitraum von drei Jahren, um die versteckten, oder nicht bilanzierten, Schulden in den Finanzierungsgesellschaften der lokalen Regierungen, LGFVs, zu tilgen, die zur Finanzierung von Infrastruktur- und Immobilienentwicklungsprojekten verwendet werden, und 4 Bio. Yuan in Form von zusätzlichen Sonderanleihen der lokalen Regierungen, um dieselben versteckten Schulden über einen Zeitraum von fünf Jahren zu tilgen.

Diese Maßnahmen werden dazu beitragen, das Ausfallrisiko der Lokalregierungen zu verringern und ihre seit langem angespannte Haushaltslage geringfügig zu verbessern. Letzten Endes warten wir aber immer noch auf den Moment, in dem wir ‚das Geld sehen‘, d.h. auf den Anreiz, der notwendig ist, um den Konsum und den Dienstleistungssektor zu unterstützen, unvollendete Immobilienprojekte abzuschließen, das Vertrauen der Verbraucher wiederherzustellen und die Wirtschaft anzukurbeln. […]

Clifford: Die jüngsten Schritte des Nationalen Volkskongresses zur Stabilisierung der Finanzlage der Kommunen sind eine positive Entwicklung und könnten zu einer gezielteren Politik führen. Die Zentralregierung könnte sich als Nächstes auf die Ankurbelung des Konsums und die Umsetzung eines Plans zur Rekapitalisierung der Banken konzentrieren, um es den politischen Banken und den lokalen Banken zu erleichtern, neue Kredite zu vergeben, ohne sich zu sehr um die Reservesätze zu sorgen.

Konjunkturprogramme und -pakete gehören inzwischen zur Pflicht
Konjunkturprogramme und -pakete gehören inzwischen zur Pflicht

Die im November angekündigten politischen Maßnahmen sind zwar ein Schritt in die richtige Richtung, doch Anleger sind eher ungeduldig. Die chinesische Regierung hat noch keine Maßnahmen vorgestellt, die stark genug sind, um die Verbraucherausgaben anzukurbeln, die Aktienmärkte zu beleben oder die Wirtschaftstätigkeit spürbar anzukurbeln. Die Anleger hoffen auf weitere gezielte Maßnahmen in den kommenden Monaten.

Was die chinesischen Exporte betrifft, so haben die Vereinigten Staaten und zunehmend auch die Europäische Union seit der Wahl Trumps im Jahr 2016 acht Jahre lang Zolldruck ausgeübt. Infolgedessen hat China versucht, seine Exporte von den entwickelten Märkten weg zu positionieren. Die Schwellenländer machen inzwischen fast die Hälfte der chinesischen Exporte aus. Sollten die Vereinigten Staaten und die EU dennoch Zölle in Höhe von 60% auf chinesische Importe erheben, könnte dies das chinesische Bruttoinlandsprodukt im kommenden Jahr um ein bis zwei Prozentpunkte verringern.

Transformation vom Jahr des Drachen zum Jahr der Schlange

Der chinesische Anleihemarkt ist sehr isoliert und in der Regel nicht mit dem Rest der Welt korreliert, und der Abstand zwischen den US-amerikanischen Staatsanleihen und der 10-jährigen chinesischen Benchmark-Staatsanleihe (CGB) hat sich im Jahr 2024 dramatisch ausgeweitet. Während die 10-jährige US-Schatzanleihe in den ersten 10 Monaten des Jahres 2024 um fast 40 Basispunkte nachgab, legte die 10-jährige CGB um fast 50 Basispunkte zu.

Die Onshore-Nachfrage chinesischer Anleger, die extrem risikoscheu geworden sind, hat die Outperformance der CGB vorangetrieben. Chinesische Anleger scheinen wenig Interesse an Risikoanlagen zu haben, nicht nur an chinesischen Aktien, sondern auch an Immobilienbesitz. Sinkende Immobilienwerte hatten in den letzten Jahren einen enormen negativen Vermögenseffekt, und die Mietrenditen bieten nur wenig Abhilfe – die aktuelle Mietrendite beträgt nur etwa 2 bis 3%. Daher ist eine Investition in die risikofreie 10-jährige CGB mit einer jährlichen Rendite von 2% für chinesische Anleger eine relativ attraktive Option.

Wie sind die Aussichten für die chinesischen Anleihemärkte im Jahr 2025?

Konjunkturprogramme für China wiewohl Deutschland
Deutschland versucht, nicht zwischen den Stühlen der USA und China zu sitzen

Clifford: Wir gehen davon aus, dass die chinesische Regierung ihre Konjunkturpakete durch den Verkauf weiterer Anleihen finanzieren wird. Die Frage ist, in welchem Teil der Renditekurve die meisten Anleihen ausgegeben werden. Die Regierung hat signalisiert, dass sie das Angebot durch die Emission von mehr ultralangen Anleihen erhöhen will, aber wir denken, dass der Anstieg der Emissionen über die gesamte Kurve hinweg erfolgen könnte.

Wenn die PBOC die geldpolitische Lockerung fortsetzt, dürfte das kurze Ende der CGB-Renditekurve meiner Meinung nach weiterhin auf dem derzeitigen niedrigen Niveau verankert sein: Der zweijährige CGB liegt bei 1,4%. Sollte es tatsächlich zu einer verstärkten Emission kommen, die auf ein größeres Angebot an ultralangen Anleihen abzielt, dann wird die Kurve wahrscheinlich steiler werden, wobei sich das lange Ende schlechter entwickelt als das kurze Ende. […]

Vivian Lin Thurston

Die Währungsaussichten sind ein wichtiger Faktor für Anleger in Offshore-Anleihen. Wir glauben, dass der Renminbi in nächster Zeit weiter unter Druck stehen wird, insbesondere angesichts der drohenden weiteren US-Zölle. Die chinesische Regierung wird im Falle einer Eskalation der Zolldrohungen wahrscheinlich noch defensiver vorgehen, indem sie nicht nur Maßnahmen zur Ankurbelung der Binnenwirtschaft ergreift, sondern auch den Renminbi allmählich schwächt, um die Wettbewerbsfähigkeit der Exporte zu erhalten.

Clifford Lau

*) Vivian Lin Thurston, CFA, ist Partnerin und Portfoliomanagerin im globalen Aktienteam, und Clifford Lau Portfoliomanager im Team für Schwellenländeranleihen (EMD) von William Blair Investment Management

1 The CSI 300 Index is a market-capitalization-weighted index that consists of 300 A-share stocks traded on the Shanghai and Shenzhen exchanges.

2 The MSCI China Index captures large- and mid-cap representation across China A shares, H shares, B shares, Red chips, P chips, and foreign listings (such as ADRs).

3 The MSCI Emerging Markets (EM) Index captures large- and mid-cap representation across 27 EMs.

4 The MSCI All Country World Index (ACWI) ex-US captures large- and mid-cap representation across developed and emerging markets, excluding the United States. It is a subset of the MSCI ACWI, and includes both developed and emerging markets, excluding U.S.-based stocks.

5 The Standard & Poor’s (S&P) 500 Index tracks the performance of 500 large companies listed on stock exchanges in the United States.

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! NEU ! Die neue Jahresausgabe Biotechnologie 2024 (26. Jahrgang!) ist erschienen (Sep. 2024): Die Ausgabe kann wie gewohnt kostenlos als e-Magazin oder pdf heruntergeladen werden.

An der Schwelle zum Jahr der Schlange

Deutschland China CAI

Wenn diese Zeilen erscheinen, bereiten sich die Chinesen vom 28. auf den 29. Januar auf den Beginn ihres neuen Jahres vor: es beginnt das Jahr der Schlange.

Ob die Stimmung ausgelassen sein wird, wenn in der Nacht vom 28. auf den 29. Januar die Schlange vom Drachen das Zepter übernimmt, bleibt abzuwarten. Gerade erst hat das Zentrale Statistikamt der VR China verkündet, die chinesische Wirtschaftsleistung habe im vergangenen Jahr um 5% zugelegt – die Zahl, die als magisch betrachtet wird, um den Dampfer China auf Kurs zu halten.

China vor dem Beginn des Jahres der Schlange
China vor dem Beginn des Jahres der Schlange; Foto @Peter Tichauer

Kaum lief die Nachricht über den Ticker, meldete sich Oliver Oehms zu Wort. Das geschäftsführende Vorstandsmitglied der Deutschen Handelskammer in Nordchina verwies auf die schwache Binnennachfrage und den Preisdruck im Markt, ‚dem sich deutsche Firmen angesichts der immer stärker werdenden chinesischen Konkurrenz zunehmend stellen müssen. Die Stimmung sei entsprechend ‚wesentlich trüber, als die Wachstumszahlen vermuten lassen‘.

Mit Blick auf das neue Jahr spricht er von ‚realistischen Erwartungen‘ der Unternehmen in einem schwierigen Umfeld. Der chinesische Markt behielte aber für das Gros der Firmen eine zentrale Bedeutung, ‚nicht zuletzt als Innovationsstandort‘. In einem WeChat-Post hatte dies einen Tag zuvor der Shanghaier Repräsentant des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbau VDMA, Daniel Yoo, treffend formuliert: China sei das Fitness-Studio für unsere Industrie – Innovation finde hier statt.

Der Schlange wird eine Portion Weisheit nachgesagt – und ausgeprägte Intuition. Kombiniert mit dem Element Holz, wie es dieses Jahr der Fall ist, werde sie viel Energie haben, kreativ sein und flexibel.

Holzdrache - er übergibt an die Schlange
Holzdrache – er übergibt an die Schlange

Genau darauf wird es im neuen Jahr ankommen. Für China heißt das, einerseits Wege zu suchen, den Konsum als Wachstumsfaktor (endlich) zu stärken und alles daranzusetzen, die sogenannten neuen Produktivkräfte zu entfalten, um im erwartungsgemäß härter werdenden geostrategischen Wettbewerb zu bestehen. Das ist weniger eine Strategie des Ausgrenzens oder Abschottens, sondern in erster Linie eine Antwort auf globale Entwicklungen der vergangenen Jahre, die, so ist zu erwarten, an Schärfe zunehmen werden.

Internationale Unternehmen und ihr Engagement sind nach wie vor willkommen. Dass die Erwartungen an sie andere als zu Beginn der Reform- und Öffnungspolitik sind, ist selbstverständlich. Die Welt hat sich weitergedreht. Chinas Wirtschaft ist längst nicht mehr Bittsteller für billige westliche Technologie. Unternehmen des Landes spielen in vielen Bereichen weltweit in der ersten Liga mit, wenn nicht gar die erste Geige.

Die Jahresausgabe der C.I.P.

In diesem Umfeld ist die Herausforderung für ausländische Firmen, noch gezielter zu überlegen, wie sie nicht nur Teil der chinesischen Strategie werden, sondern auch von ihr noch stärker profitieren können. In China für China heißt es nicht erst seit gestern. Für das Morgen hat es eine noch größere Bedeutung. Das heißt auch, neue Wachstumsregionen im Land zu finden, alternative oder zusätzliche Standorte. Es geht ganz und gar nicht darum, sich durchzuschlängeln, sondern, auf die Stärken der Schlange bauend, ein neues Kapitel zu schreiben.

Das gilt für China ebenso wie für ausländische Unternehmen in China. Damit ‚gemeinsam gestalten und gemeinsam profitieren‘ nicht nur leere Worte sind. Für keine der beiden Seiten.

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! NEU ! Die neue Jahresausgabe Biotechnologie 2024 (26. Jahrgang!) ist erschienen (Sep. 2024): Die Ausgabe kann wie gewohnt kostenlos als e-Magazin oder pdf heruntergeladen werden.

 

Wegfall von Subventionen für Investoren in China?

Foto: © Bigc Studio_AdobeStock

Am 1. August 2024 trat in der Volksrepublik China die „Verordnung zur Überprüfung des fairen Wettbewerbs“ in Kraft. Ziel dieser Regelung ist es, der weitverbreiteten Praxis rechtlich unbegründeter Subventionen zwischen Provinzen und deren Industriezonen entgegenzuwirken und die daraus resultierenden Wettbewerbsverzerrungen zu unterbinden. 

Die neue Verordnung enthält unter anderem Leitlinien für den Entwurf von Gesetzen, Rechtsverordnungen und anderen normativen Dokumenten sowie von „spezifischen politischen Maßnahmen“ („Maßnahmen“) durch Verwaltungsorgane und Organisationen der öffentlichen Gewalt und erlegt diesen die Pflicht auf, zu prüfen, ob die Maßnahmen den Prinzipien des fairen Wettbewerbs entsprechen.

Die Verordnung verbietet unter anderem in Art. 10 Maßnahmen, welche die Produktions- und Betriebskosten der Wirtschaftsbeteiligten beeinflussen.

Konkret verbietet Art. 10, ohne eine entsprechende Rechtsgrundlage in Gesetzen oder Rechtsverordnungen beziehungsweise einer Genehmigung durch den Staatsrat,

  • die Gewährung von Steuervergünstigungen an bestimmte Marktteilnehmer;
  • die Gewährung von differenzierenden finanziellen Anreizen oder Subventionen an bestimmte Marktteilnehmer;
  • die Gewährung von Vergünstigungen bei Verwaltungsgebühren, staatlichen Mitteln, Sozialversicherungsbeiträgen et cetera an bestimmte Marktteilnehmer; und
  • andere Bestimmungen, die Einfluss auf Produktions- und Betriebskosten haben könnten.

Damit fallen gemäß Art. 10 grundsätzlich alle Formen von Vergünstigungen, Anreizen und Subventionen, einschließlich der Steuererstattungen, Mietzuschüsse, Ausstattungszuschüsse, Zuschüsse für Talente, Wohnbeihilfe für leitende Angestellte et cetera (nachstehend einheitlich als „Vergünstigungen“ bezeichnet) in den Anwendungsbereich der Verordnung.

Zweck der Verordnung ist nach Art. 1, den fairen Wettbewerb zu fördern
 © zhu difeng

Zweck und Hintergrund der Verordnung

Der Zweck der Verordnung ist nach Art. 1, den fairen Wettbewerb zu fördern und dessen Einhaltung zu überprüfen, das Geschäftsumfeld zu optimieren und einen einheitlichen nationalen Markt aufzubauen.

Aus rechtlicher Sicht bringt die Verordnung allerdings keine wesentlichen Änderungen mit sich, denn bereits 2021 traten die novellierten „Durchführungsbestimmungen für das System zur Überprüfung des fairen Wettbewerbs“ („Durchführungsbestimmungen“) in Kraft. Diese untersagen die Vergabe von rechtswidrigen Vergünstigungen an bestimmte Unternehmen und waren bis zum Inkrafttreten der Verordnung die wichtigste Rechtsgrundlage für die Regelung des Überprüfungssystems für fairen Wettbewerb.

Im Unterschied zu den Durchführungsbestimmungen und anderen bisherigen Regelungen, welche die Überprüfung der Einhaltung des fairen Wettbewerbs in Bezug auf Vergünstigungen nur in Form einer internen Verwaltungsvorschrift regeln, wurde die Verordnung vom Staatsrat erlassen und hat dadurch einen höheren Rang. Darüber hinaus bezieht die Verordnung Gesetze und örtliche Vorschriften in den Anwendungsbereich der Überprüfung ein.

Vor dem Inkrafttreten der Verordnung war die Gewährung von wettbewerbsverzerrenden Vergünstigungen auf Provinzebene gängige Praxis. Warum wurde die Verordnung nun erlassen?

Weil die Gewinnung von Investoren und neuen Investitionen für die Provinzen und deren Finanzierung essenziell ist, hat sich in der Vergangenheit ein wahrer „Subventionskrieg“ zwischen den in starkem Wettbewerb stehenden Provinzen herausgebildet.

Um neue Investoren gewinnen zu können, gewährten Provinzen, insbesondere ausländischen Investoren, immer höhere Steuervergünstigungen, Anreize und Subventionen. Da diese oftmals rechtsgrundlos erfolgten, mussten die Provinzen die entsprechenden Subventionen aus eigenen finanziellen Mitteln zahlen, was, solange ausreichend neue Investitionen realisiert wurden, keine Defizite bewirkt hat, da die neuen Investitionen bereits versprochene Subventionen ausgleichen konnten. Dieser Ausgleichsmechanismus ist während, jedoch spätestens mit dem Ende der Coronapandemie aufgrund der ausbleibenden neuen ausländischen Investitionen außer Kraft gesetzt worden.

Hinzu kommen exorbitante Kosten, die die Provinzen während der Coronapandemie durch die von der Zentralregierung angeordneten Kontrollmaßnahmen aufgehäuft haben. Schließlich tun das vergleichsweise schwache Wirtschaftswachstum, eine Korrektur im Immobiliensektor und schwacher Binnenkonsum ihr Übriges für eine stark zunehmende Verschuldung der Provinzen.

Die Überschuldung der Provinzen scheint also einer der Hauptgründe für den Erlass der Verordnung zu sein, welche mit der Durchsetzung des Verbots von wettbewerbsverzerrenden Vergünstigungen darauf zielt, den traditionell starken Wettbewerb zumindest einzuschränken und damit das finanzielle Überleben der Provinzen zu sichern.

Rechtliche und praktische Auswirkungen auf (ausländische) Investoren

Zunächst ist zu klären, ob die bereits mit einer Industriezone abgeschlossenen (oder noch abzuschließenden) Investitionsverträge, die Vergünstigungen vorsehen, in den Anwendungsbereich der Verordnung fallen und somit der Überprüfung der Einhaltung des fairen Wettbewerbs unterfallen.

Auch wenn die Verordnung in Art. 2 den Begriff „Maßnahmen“ nicht abschließend definiert, ist aufgrund der Stellungnahme des Staatsrats, welche auf subventionsgewährende Verträge ausdrücklich Bezug nimmt, davon auszugehen, dass Investitionsverträge in den Anwendungsbereich der Verordnung fallen.

Somit können die Vergünstigungen, die im Rahmen von mit Industriezonen abgeschlossenen Investitionsverträgen gewährt werden, auf Vereinbarkeit mit der Verordnung überprüft und im Fall von fehlender Rechtsgrundlage für ungültig erklärt werden.

Im Falle einer strikten Umsetzung der Verordnung, die aufgrund der angespannten Finanzlage vieler Provinzen und Kommunen wahrscheinlich erscheint, würde dies für Investoren bedeuten, dass diese rechtsgrundlos vereinbarten Vergünstigungen nicht erhalten.

Fazit

Aufgrund des höheren Rangs der Verordnung sowie der ersten Fälle, in denen Industrieparks, die vertraglich zugesagten, aber rechtsgrundlosen Vergünstigungen nicht mehr zahlen können (oder wollen), besteht nun ein erhöhtes Risiko, dass betroffene Investitionsprojekte kurzfristig zusätzliches Kapital benötigen. Ausländischen Investoren wird empfohlen, in Verhandlung befindliche, aber auch schon abgeschlossene Investitionsverträge auf Rechtmäßigkeit der gewährten Vergünstigungen zu prüfen. Hierbei ist zu beachten, dass die rechtsgrundlosen Vergünstigungen in der Praxis in den Investitionsverträgen oft umschrieben oder anders bezeichnet wurden, um zumindest vordergründig das entsprechende Verbot zu umgehen. Investoren sollten daher die Industriezone nicht nur um die Nennung der Rechtsgrundlagen, sondern auch um die richtige Bezeichnung der Vergünstigungen im Investitionsvertrag ersuchen.


👉 Dieser Beitrag ist in der Unternehmeredition-Magazinausgabe 4/2024 mit Schwerpunkt ‚Unternehmervermögen‘ erschienen.

Sie haben es nicht geschafft!

Deutschland China CAI

Seit drei Jahren setzen Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und Bundesaußenministerin Annalena Baerbock alles daran, Deutschland gegenüber China neu auszurichten. Geschafft haben sie es offenbar nicht.

Auch wenn vieles, was in vier Jahrzehnten mühevoll aufgebaut wurde, kurzerhand kaputt gemacht wurde – und wohl nicht so schnell wiederherzustellen sein wird, wenn überhaupt. Der eine fordert, die Unternehmen mögen sich von China abwenden und in Länder abwandern, die aus deutscher Wertesicht freundlicher erscheinen, aber längst nicht das wirtschaftliche Potenzial bieten, das Unternehmen sich in China mühevoll erschlossen haben.

Die andere scheint alles daran setzen zu wollen, undiplomatisch Porzellan zu zerschlagen. Oberlehrerhaft Lektionen erteilen, statt zu diskutieren und auszuloten, wo Gemeinsames notwendig und möglich ist, funktioniert nicht. Jedenfalls nicht überall auf dieser Welt. Das eigene Ego scheint jedoch wichtiger als die Interessen des Landes zu sein, das zum vorzeitigen Ende der derzeitigen Regierungskoalition nicht sonderlich gut dasteht.

Vielleicht war das Timing nicht günstig. Vermutlich stand der eine Termin auch schon länger fest als der andere. Die Bundesaußenministerin kam ganz offensichtlich zwei Tage zu früh nach Peking. Sie hätte sich zunächst anhören sollen, zu welchem Ergebnis die diesjährige Geschäftsklima-Umfrage der Deutschen Auslandshandelskammer in China gekommen ist, die am 4. Dezember in Shanghai präsentiert wurde – als die Ministerin längst wieder in Europa von einem Ort zum anderen eilte.

Darin wurde eine Botschaft sehr deutlich formuliert: Knapp zwei Drittel der in China aktiven Unternehmen sehen das Land und die Firmen dort anders als die Bundesregierung durchaus als Wettbewerber, vor allem jedoch als Partner. Als Partner beispielsweise, um künftig Innovation voranzutreiben, um am Markt zu partizipieren, der derzeit zwar schwächelt, langfristig aber durchaus aussichtsreiche Geschäfte verspricht.

Dass chinesische Unternehmen in einer ganzen Reihe von Branchen Innovationsführerschaft innehaben oder in den kommenden Jahren haben werden, sei ein weiterer Grund, die Zusammenarbeit zu vertiefen. Voneinander lernen, anstatt auszugrenzen, lautet eine Botschaft, die in Berlin und Brüssel nicht ignoriert werden sollte: Im Interesse der eigenen Wirtschaft, im Interesse der Zukunft der eigenen Industrie. Denn, so wurde bei der Präsentation der Umfrageergebnisse formuliert, in China sorge ‚made in Germany‘ oder ‚made by Germany‘ nicht mehr automatisch für erfolgreiches Geschäft. Deshalb sei es unter anderem notwendig, noch stärker Entwicklung und Forschung im Land anzusiedeln, sie an den Bedürfnissen der lokalen Kunden auszurichten und mit dem chinesischen Tempo Schritt zu halten.

Das ist Teil einer auf Zukunft ausgerichteten Unternehmensstrategie, die in dem Bericht als ‚Lokalisierung 3.0‘ definiert wird. Unabhängiger von den Firmenzentralen in Deutschland zu agieren, schneller zu entscheiden, um den Anschluss nicht zu verlieren, das werde in den kommenden Jahren noch wichtiger. Vielleicht ließe es sich auch so sagen: richtig ankommen, statt wegzulaufen. Das ist durchaus Teil einer strategischen Risikominimierung. Eigentlich brauchte es dafür keiner ‚China-Strategie‘. Kein Unternehmen, das klug agiert, kann auf Maßnahmen verzichten, mögliche Risiken zu vermeiden.

So bekennt sich dann auch die überwältige Mehrheit der deutschen Unternehmen in China, die an der Umfrage teilgenommen haben, zum chinesischen Markt. Absetzungstrend? Nicht zu sehen. Im Gegenteil: Etwas mehr als die Hälfte der Firmen plant weitere Investitionen im Land. Vor vier Jahren sagten dies noch 77% der Befragten. Die derzeit schwache chinesische Nachfrage bleibt nicht ohne Auswirkungen.

Aufhorchen ließ eine Äußerung des deutschen Generalkonsuls in Shanghai, die er in seinem Grußwort bei der Präsentation der Geschäftsklimaumfrage machte. Möglicherweise sei es notwendig, die gerade einmal eineinhalb Jahre alte China-Strategie der Bundesregierung anzupassen. Die Strategie war übrigens ein Baustein, der dazu beigetragen hat, dass das China-Image in Deutschland so schlecht wie lange nicht mehr ist.

Vieles davon weit von den Tatsachen entfernt. Den deutschen Unternehmen in China ist dies ein Dorn im Auge. Denn dem Geschäft diene es nicht, so die Umfrageergebnisse. Wünschenswert ist daher, mehr auf diejenigen zu hören, die seit Jahren in dem Land geschäftlich erfolgreich tätig sind, die sowohl Deutschland als auch China kennen und daher Kompetenz in den Diskurs einbringen können. Sachlichkeit statt Vorurteile.

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Positive Signale

Es gibt sie noch, die positiven Signale: Am 4. November haben Berlin und Peking 30 Jahre Städtepartnerschaft gefeiert Grund genug für eine Party.

Und zwar im Pekinger Goethe-Institut, auf der die Vielfalt des Potenzials der Zusammenarbeit zwischen beiden Städten demonstriert wurde. Das Spektrum reicht von Kunst und Kultur bis zu den Industrien der Zukunft.

Knapp zwei Wochen später lud das Pekinger German Centre zu einer Feier mitten in einem alten Hutong-Viertel der chinesischen Hauptstadt ein. 25 Jahre ist es her, seit es gegründet wurde – als Tor zum chinesischen Markt, durch in den vergangenen zweieinhalb Jahrzehnten nicht nur unzählige kleine und mittlere Unternehmen erfolgreich gegangen sind, sondern auch Organisationen der deutschen Wirtschaft, für die eine Präsenz im chinesischen Markt nach wie vor wichtig ist, um Mitgliedsunternehmen zeitnah zur Seite stehen zu können. Zu den Mietern gehört auch der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau VDMA, der am 26. November einlädt, um zwei Jahrzehnte VDMA-Büro in Peking zu begehen.

Vom Knirschen im Getriebe der deutsch-chinesischen Wirtschaftsbeziehungen war auf diesen Veranstaltungen nichts zu spüren. Es ist ja auch eher ein politisches.

Ganz im Gegenteil. Betont wurde die Notwendigkeit, nicht aufs Spiel zu setzen, was in den vergangenen Jahrzehnten aufgebaut wurde. Das Erreichte auszubauen und Neues zu entwickeln, darauf kommt es an. Dazu müssen sich alle, Deutsche wie Chinesen, den veränderten Gegebenheiten stellen, den geopolitischen Veränderungen insbesondere. Deutsche und chinesische Unternehmen haben das Potenzial, gemeinsam Zukunftslösungen zu finden und umzusetzen. Wettbewerb, der beflügelt und nicht als Gefahr betrachtet wird, bringt beide Seiten voran, ganz anders als politisch verordnete Sanktionen, die nur das eine Ziel verfolgen, Konkurrenten fern zu halten. Da wird dann auch in Kauf genommen, möglicherweise in einer Sackgasse zu enden, in erster Linie zum Nachteil der Konsumenten. Und der Unternehmen.

Positive Signale auf den Festivitäten, die das Gemeinsame betonen
Positive Signale auf den Festivitäten, die das Gemeinsame betonen

30 Jahre, 25 Jahre, 20 Jahre – all das sind Erfolgsgeschichten, zu denen in den kommenden Jahren bestimmt noch viele neue Kapitel hinzugefügt werden. Der Wille ist da, hier wie dort. Der künftige Erfolg unserer bilateralen Beziehungen wird vor allem davon abhängen, ob wir zum Umdenken bereit sind. Das heißt, wir müssen akzeptieren, dass es beim Lernen nicht mehr nur eine Richtung gibt, die von West nach Ost. Das trifft für Deutsche zu. Mehr noch für Chinesen.

Wir sind nicht mehr in den Anfangsjahren der chinesischen Reformen, als jegliches technische Knowhow aus dem Westen in China willkommen war und mit offenen Armen aufgenommen wurde. Vor vier Jahrzehnten musste China aufholen, und war gezwungen, von den entwickelten Ländern so viel wie möglich zu lernen. Das war die eigentliche Grundlage der chinesischen Erfolgsgeschichte, für China selbst und für ausländische Unternehmen, die die Chance beim Schopfe gepackt haben.

Das hat allerdings auch zu Innovation made in China geführt, von der Unternehmen in den entwickelten Industrien ebenso profitieren können. Selbst beim so heiß diskutieren Umweltschutz oder bei Modellen für eine nachhaltige Entwicklung kann China hier und da ein Beispiel sein. Der Deutsch-Chinesische Ökopark in Qingdao ist das zum Beispiel. Chinesische Höflichkeit ist da fehl am Platze. Es gibt inzwischen genug, das Deutschland auch von China lernen kann. Das sollte uns allen bewusst sein.

So stand dann auf den Jubiläumsfesten auch ein Kerngedanke im Mittelpunkt: Es ist nicht nur wichtig, miteinander anstatt übereinander zu reden; es ist auch wichtig herauszufinden, wo es sich lohnt, vom Partner zu lernen. Gegenseitigkeit leben. Das sichert positive Trends und Signale in den bilateralen Beziehungen.

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Konjunkturpaket in China: Wie bereit ist das Land für den nächsten Sprung?

Die Aktienmärkte in China sind seit der Ankündigung des Konjunkturprogramms im September stark gestiegen – auch zu Recht? Von Julian Howard*

Die Bewertungen, kombiniert mit wachsendem Optimismus, könnten den Markt noch weiter stützen. Der Mangel an einschneidenden Reformen deutet jedoch darauf hin, dass für Anleger Zurückhaltung vor einem größeren Engagement der beste Ansatz sein könnte.

Ist China nun reif für Investitionen? Mit dieser Frage beschäftigen sich Anleger seit dem Ende September angekündigten Konjunkturpaket. Die Maßnahmen umfassten Zinssenkungen, Kredite für Aktienrückkäufe und die Zusage künftiger steuerlicher Unterstützungen. Vor allem die Aktienrückkäufe haben den Aktienmarkt beflügelt, so dass der Hang Seng Index seit Jahresbeginn bis zum 31. Oktober um über 19% und der CSI 300 Index im gleichen Zeitraum um fast 14% gestiegen ist.

Warum die chinesischen Verbraucher nur langsam Bilanz ziehen könnten

China macht einen Sprung; Quelle: Bloomberg.
China macht einen Sprung; Quelle: Bloomberg.

China macht einen Sprung; Quelle: Bloomberg.

Dass etwas getan werden musste, war kaum zu bezweifeln. Chinas Verbraucher befinden sich inmitten einer Immobilienkrise in einer Flaute. Das Wirtschaftswachstum wird laut einer aktuellen Bloomberg-Umfrage im Jahr 2024 bei nur 4,8% liegen: unter dem offiziellen Ziel von 5% und weit unter den über 7% von vor zehn Jahren.

Auch wenn ein Anstieg des Aktienmarktes oft als positives Signal gewertet wird, ist es in Wirklichkeit so, dass ein Vermögenseffekt die Fundamentaldaten nicht verändern wird, da weniger als 10% der chinesischen Haushalte Aktien besitzen, wie aus einem Papier der School of Economics der Universität Liaoning aus dem Jahr 2020 hervorgeht. Zum Vergleich: In den USA liegt der Aktienbesitz laut Gallup bei über 60%, und ein starker Markt kann den Menschen ein Stück Sicherheit für ihre Finanzen geben. Die Investoren in China werden dieses Paket eher im Hinblick auf seine Auswirkungen jenseits des Börsenrummels betrachten müssen, um eine fundierte Entscheidung darüber zu treffen, ob und wie viel Kapital sie in das Land investieren wollen.

Diese Bewertung lässt sich wahrscheinlich am besten anhand von vier Hauptkriterien vornehmen: Stimmung und Konsum, Produktivität, Demografie und Landreform. Wie wir sehen werden, ist das, was das Konjunkturprogramm nicht anspricht, genauso wichtig wie das, was es tut. Was die Stimmung und den Konsum betrifft, so bleibt der Immobilienmarkt, wie bereits erwähnt, der Stolperstein, der die Verbraucher davon abhält, ihre persönliche Bilanz zu verbessern und sich zu entscheiden, wieder Geld auszugeben.

Baby-Pessimisten - das Bevölkerungswachstum in China wird in diesem Jahr voraussichtlich zum Stillstand kommen; Quelle: Bloomberg, IWF. 2024: Schätzungen des IWF.

Baby-Pessimisten – das Bevölkerungswachstum in China wird in diesem Jahr voraussichtlich zum Stillstand kommen; Quelle: Bloomberg, IWF

Die Nachrichtenlage an dieser Front bleibt düster. Nach offiziellen staatlichen Daten fielen die Preise für neue Eigenheime im August so schnell wie seit über neun Jahren nicht mehr, nämlich um 5,3% gegenüber dem Vorjahr. Eine Senkung der Zinssätze für bestehende Hypotheken sollte daher einen gewissen positiven Stimulierungseffekt haben. Doch die ANZ Bank schätzt, dass jegliche Ersparnisse in einen Konsum von nur 0,05% des geschätzten chinesischen BIP 2024 umgewandelt werden, so düster ist die derzeitige Konsumstimmung. […]

Die Produktivität ist ein weiterer Bereich, der Chinas Wirtschaftswachstum wieder näher an die alten sieben Prozent pro Jahr heranbringen könnte. Das Konjunkturpaket selbst ist jedoch ein weiteres Zeichen für einen Eingriff in die Wirtschaft, und es gibt keine Anzeichen dafür, dass staatlich gelenkte Investitionen in bevorzugte Sektoren neu überdacht werden sollen. Elektrofahrzeuge (EVs) sind ein gutes Beispiel für das aktuelle Problem. Laut Bloomberg sammeln sich derzeit überschüssige Elektroautos auf unkrautüberwucherten Parkplätzen im ganzen Land, da nicht weniger als 100 Elektroautohersteller um die begrenzten Geschäftsmöglichkeiten im Inland konkurrieren, während sie auf den ausländischen Zielmärkten mit Protektionismus zu kämpfen haben. Diese Fehlallokation von Ressourcen beeinträchtigt die Produktivität und das Wachstum, indem sie nicht subventionierte, aber dynamischere Unternehmen in anderen Sektoren lähmt.

Julian Howard

Auch die demografische Entwicklung wurde nicht thematisiert. Peking zögert, genaue Zahlen zu veröffentlichen, aus denen hervorgeht, dass chinesische Frauen auch nach der offiziellen Abschaffung der berüchtigten Ein-Kind-Politik im Jahr 2016 weniger Kinder bekommen haben. Seltsamerweise hat das Nationale Statistikamt 2017 die Veröffentlichung jährlicher Daten zu den Geburtenraten eingestellt. Der Internationale Währungsfonds veröffentlicht jedoch Zahlen zum Bevölkerungswachstum und schätzt nun, dass Chinas Bevölkerungswachstum bis Ende 2024 völlig zum Stillstand kommen wird. Sofern es nicht zu einer Produktivitätsrevolution kommt, wird sich der Rückgang der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter auf Dauer negativ auf die Wirtschaft auswirken. In einem offenen Eingeständnis räumte die Nationale Institution für Finanzen und Entwicklung im Juni ein: „Da die Bevölkerungszahl ihren Höhepunkt erreicht, zeigt China Anzeichen einer Japanisierung.“ […]

*) Julian Howard ist Chief Multi-Asset Investment Strategist bei GAM Investments

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Verordnung zur Überprüfung des fairen Wettbewerbs in China

Am 1. August 2024 ist in China die sogenannte „Verordnung zur Überprüfung des fairen Wettbewerbs“ in Kraft getreten. Von Rainer Burkhardt und Ondrej Zapletal*

Diese Verordnung verbietet grundsätzlich alle Formen von Vergünstigungen, Anreizen und Subventionen an bestimmte Unternehmen, die keine Rechtsgrundlage in Gesetzen oder Rechtsverordnungen bzw. einer Genehmigung durch den Staatsrat haben.

Nach der Verordnung können die mit der lokalen Regierung oder der Industriezone abgeschlossenen Investitionsverträge, in denen die Vergünstigungen vereinbart wurden bzw. zukünftig vereinbart werden sollen, auf Lauterkeit überprüft und im Fall der Gewährung von rechtsgrundlosen Vergünstigungen für ungültig erklärt werden.

Im Ergebnis besteht für alle Unternehmen, die rechtsgrundlosen Vergünstigungen erhalten sollen, das Risiko, dass diese Unternehmen die rechtsgrundlosen Vergünstigungen nicht erhalten.

Obwohl rechtsgrundlose Vergünstigungen vor dem Inkrafttreten der Verordnung bereits verboten waren, hat mit dem Erlass der Verordnung die Wahrscheinlichkeit einer Durchsetzung der in der Vergangenheit geduldeten Praxis zugenommen. Die Verordnung tritt nämlich zu einem Zeitpunkt in Kraft, an dem viele Provinzen und Kommunen leere Kassen haben und teilweise Schwierigkeiten haben, die Gehälter ihrer Beamten zu bezahlen. Das vergleichsweise schwache Wirtschaftswachstum, eine Korrektur im Immobiliensektor, stark zurückgehende ausländische Investitionen tun ihr Übriges.

Die Verordnung, die vom Staatsrat erlassen wurde und dadurch einen höheren Rang als die bisherigen Regelungen hat, sowie die ersten Fälle von Industrieparks, die die versprochenen Vergünstigungen nicht mehr zahlen können (oder wollen), zeigen, dass dies ein ernst zu nehmendes Risiko ist, da schlimmstenfalls Unternehmen durch den Wegfall der rechtsgrundlosen Vergünstigungen kurzfristig zusätzliches Kapital benötigen.

Burkhardt & Partner RAe hat einen Link mit weiterführenden Informationen eingerichtet

Mehr Informationen zu der Verordnung, deren Auswirkungen auf ausländisch-investierte Unternehmen sowie Handlungsempfehlungen für Investoren betroffener Unternehmen finden Sie in dem vollständigen Beitrag von Burkardt & Partner unter diesem LINK.

*) Rainer Burkardt ist Gründer und Geschäftsführer der chinesischen Anwaltskanzlei Burkardt & Partner in Shanghai (www.bktlegal.com) und Ondrej Zapletal Rechtsberater bei Burkardt & Partner Rechtsanwälte.

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Strategisch handeln – und voneinander lernen

Deutschland und China verbindet eine ‚umfassende strategische Partnerschaft‘. Strategisch handeln war nie als Einbahnstraße gedacht.

Deutschland und China verbindet eine „umfassende strategische Partnerschaft“. Auch wenn in Ampel-Deutschland derzeit eher versucht wird, die Beziehungen zu China auf „kleiner Flamme“ zu halten, wurde hierzulande dieser Tage erneut darauf verwiesen: Ein Jahrzehnt ist es her, dass sich die Regierungen beider Länder darauf geeinigt haben.

Nun mag man streiten, was es bedeutet, eine „umfassende strategische Partnerschaft“ zu pflegen. Längst ist es nicht mehr das höchste Niveau, mit dem China seine bilateralen Beziehungen mit einem Land charakterisiert. Eine „strategische Partnerschaft“ sollte sich, so meine Überzeugung, durch den Willen auszeichnen, strategisch zusammenzuarbeiten, um die Herausforderungen der Zukunft besser meistern zu können. Durch ein Umfeld, das es beiden Partnern ermöglicht, nicht nur voneinander zu profitieren, sondern auch gemeinsam zu wachsen. Nicht ausgrenzen, sondern einbinden. Voraussetzung für eine Partnerschaft, die zu Recht als „strategisch“ bezeichnet wird, ist Respekt für den anderen und der Wille, vom Partner zu lernen.

Futuristic Concept: Businessman in Glasses Reading Notebook and Watching News on Augmented Reality Screen while Sitting in a Autonomous Self-Driving Zero-Emissions Car.Wer die Geschichte der chinesischen Reform- und Öffnungspolitik offen, nüchtern und ohne Vorurteile betrachtet, kommt nicht umhin festzustellen, die Bereitschaft zum Lernen – in der westlichen Welt gern als Kopieren dargestellt – ist der Kern des wirtschaftlichen Erfolges der vergangenen Jahrzehnte. Das Rad nicht doppelt zu erfinden, sondern die Erfahrungen der Partner nutzen und den Partner dabei auch profitieren lassen – das hat funktioniert. Und die chinesische Wirtschaft in die Lage versetzt, in vielen Bereichen auf- und in manchen die sogenannten entwickelten Industrieländer gar zu überholen. Bei Fahrzeugen mit alternativen Antrieben etwa, in moderner Kommunikationstechnologie oder im Bereich des schienengebundenen Hochgeschwindigkeitsverkehrs.

strategisch handeln: bisher jeder für sichDieses Aufholen versetzt Europa zunehmend in Angst und Schrecken. Es kann ja nicht sein, dass die Industrie aus einem „Dritte-Welt-Land“ die westliche Welt herausfordert. Also werden offene Märkte allmählich geschlossen. Durch Sanktionen. Durch Zölle. Die eigene Industrie müsse geschützt werden, heißt es. Vor der subventionierten „Warenflut“ aus China. Innovationskraft wird Chinas Unternehmen en passant abgesprochen. Dabei wäre der effektivste Schutz, Rahmenbedingungen zu schaffen, die es der europäischen Industrie ermöglichen, Innovation voranzutreiben. Die es ihr möglich machen, in den Wettbewerb zu treten. Das alte Wort von der Konkurrenz, die das Geschäft belebe und zu Höchstleistungen treibe, gilt nach wie vor.

Mehr noch: Die westliche Welt sollte lernen, dass es sich auch lohnen kann, vom chinesischen Partner zu lernen. Dass ihr das so schwerfällt, ist durchaus auch Schuld der Chinesen, die nach wie vor auf Bescheidenheit setzen und lieber betonen, von den deutschen Erfahrungen lernen zu wollen, sich aber schwer damit tun, eine Antwort auf die Frage zu finden, was denn die Deutschen von China lernen könnten. Die oben genannten Branchen gehören ebenso dazu wie gezielte Maßnahmen, die China ergreift, um Innovation voranzubringen. Wirtschaftsstrategien, die auf Zukunft gerichtet sind und pragmatisch umgesetzt werden.

Eine umfassende strategische Partnerschaft heißt auch Arbeitsteilung. Ressourcen können gespart werden, wenn nicht jeder Partner alles macht, sondern jeder Partner das macht, was er am besten kann. Dass sich deutsche und chinesische Wirtschaft ergänzen, ist ein „alter Hut“. Heute trifft es aber mehr denn je zu. Wir müssen es schaffen, uns dies zu Nutze zu machen, anstatt zu versuchen, den anderen auf die eine oder andere Art auszubremsen. Denn wenn, wie Anfang Oktober zu lesen war, nun auch China seine E-Autobauer vor Knowhow-Abfluss in den europäischen Ländern warnt, ist klar, woher der Wind weht. Die Zukunft aber muss anders aussehen.

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Ausgabe 2/2024 Biotechnologie 2024 der Plattform Life Sciences ist erschienen. Die Ausgabe kann bequem als e-Magazin oder pdf durchgeblättert oder heruntergeladen werden.

Halbleiterindustrie: China und Indien setzen zum Überholen an

computer chips over digital background with china flag. vector illustration

Die Halbleiterindustrie wächst rasant, getrieben von der steigenden Nachfrage nach Elektronik und Fortschritten in KI und maschinellem Lernen: Indien und China blinken auf die Überholspur.

Eine Zusammenfassung des aktuellen Kommentars von Marcus Weyerer, CFA, Senior ETF Investment Strategist, EMEA Franklin Templeton ETFs

Der globale Halbleitermarkt wurde 2022 auf 573,44 Mrd. USD geschätzt und könnte bis 2029 um 12% jährlich auf 1,38 Bio. USD anwachsen.

Indien strebt nach einer Spitzenposition

Indien plant, innerhalb von fünf Jahren zu den fünf größten Chipherstellern der Welt zu gehören. Die Regierung fördert dies durch das Production-Linked Incentive-Programm, das Investitionen anzieht. So hat die Tata Group in Zusammenarbeit mit Taiwans Powerchip Semiconductor Manufacturing Corporation ein Joint Venture für eine 28-Nanometer-Produktionsanlage angekündigt.

Indien: wird Indiens Halbleiterindustrie zur Druckmaschine?!
Indien: wird Indiens Halbleiterindustrie zur Druckmaschine?!

Mit einem Investitionsvolumen von 11 Mrd. USD sollen über 20.000 Arbeitsplätze entstehen. Die Produktion fokussiert sich auf energieeffiziente Prozessoren, die in Smartphones, Fernsehern und Wearables eingesetzt werden. 2024 war Indien der zweitgrößte Mobiltelefonhersteller weltweit und deckte 97% seiner Nachfrage. Zudem verfolgt ein Großteil der indischen Unternehmen bereits KI-Projekte und zählt damit zu den globalen Vorreitern.

Chinas Aufholjagd in der Halbleiterproduktion

Auch China verzeichnet große Fortschritte in der Halbleiterindustrie. Nach den US-Exportbeschränkungen für moderne Chips und Ausrüstung im Jahr 2022 steigerte China die Importe von Lithographieanlagen um 450%. 2023 kamen bereits 14% der für die Chipproduktion benötigten Maschinen aus China selbst, was einer Verfünffachung in fünf Jahren entspricht. Trotz Sanktionen stellte Huawei in Zusammenarbeit mit SMIC den 7-Nanometer-Chip Kirin 9000S vor. Dieser Erfolg wurde mit Tief-Ultraviolett-Lithographie (DUV) erzielt, einer weniger präzisen Technologie als die EUV-Systeme von ASML. Chinas Produktionskosten sind hierdurch um 40%-50% höher, und die Effizienz ist geringer.

TrendForce berichtete 2024, dass China möglicherweise bereits in die Massenproduktion von 5-Nanometer-Chips eingestiegen ist, was wirtschaftlich zwar weniger effizient, aber technologisch bemerkenswert ist. Darüber hinaus entwickelt China innovative Technologien außerhalb der traditionellen Chipfertigung. So präsentierten Forscher der Tsinghua University Ende 2023 den ACCEL, einen rein analogen KI-Chip, der Lichtsignale nutzt und bis zu 3.000-mal schneller sein könnte als herkömmliche Modelle wie der A100 von NVIDIA. Diese Technologie könnte in der Bilderkennung, Sprachverarbeitung und im autonomen Fahren eingesetzt werden, auch wenn sie noch in der Experimentierphase ist.

Indien und China zeigen, dass die Halbleiterindustrie trotz technologischer Hürden und geopolitischer Herausforderungen dynamisch wächst und weiterhin von innovativen Ansätzen profitiert.

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Ausgabe 3/2023
 Biotechnologie 2023 der Plattform Life Sciences ist erschienen. Die Ausgabe kann bequem als e-Magazin oder pdf durchgeblättert oder heruntergeladen werden.

Die Kaufprämie ist es nicht

Vor allem eine Bemerkung bleibt hängen: China verteile eine Kaufprämie für den Erwerb von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben. Von Peter Tichauer

Dieser Tage strahlte die Tagesschau einen Beitrag zum Absatz von Elektroautos in China aus. Die Schlussbemerkung bleibt vor allem im Gedächtnis hängen: China verteile eine Kaufprämie für den Erwerb von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben. Ausländische Hersteller hätten da keine Chance. Eine Halbwahrheit.

Richtig ist: Auch zwei Jahre nach dem Ende der Corona-Pandemie stottert Chinas Konsum noch immer. Seiner gewünschten Rolle als Triebkraft für das Wachstum wird er nicht gerecht. Die Konsumenten halten sich angesichts eines merklich schwieriger werdenden wirtschaftlichen Umfeldes zurück. Dem will die Regierung begegnen. Mit Kaufprämien.

Alt gegen Neu wird monetär belohnt. Nicht nur bei Autos, egal ob mit Elektroantrieb oder Verbrennungsmotor, sondern auch bei Konsumgütern, Haushaltselektronik in erster Linie. Falsch ist aber, dass suggeriert wird, nur einheimische Hersteller profitierten davon. Ob das neue Auto ein Geely ist oder ein Volkswagen, spielt keine Rolle. Entscheidend ist, einen alten Wagen gegen einen neuen zu tauschen. Mehr nicht. Gerade uns Deutschen sollte dies nicht unbekannt sein, wurden doch die Autobauer in Zeiten der globalen Finanzkrise vom Staat kräftig unterstützt. Abwrackprämie hieß das 2008, als Beitrag für den Umweltschutz deklariert.

Fahrzeuge mit alternativen Antrieben werden in China in der Tat immer populärer. Wer sich heutzutage – aus den unterschiedlichsten Gründen – für einen Verbrenner entscheidet, muss sich unter Freunden und Bekannten zuweilen harten Fragen stellen. Ich spreche aus Erfahrung. Laut Chinesischer Vereinigung der Autohersteller CAAM wurden in den ersten sieben Monaten 5,226 Mio. Elektroautos verkauft. Das sind knapp 40% aller verkauften Pkw. Im Vergleich zum selben Zeitraum des Vorjahres lag das Plus bei 34%.

Kaufprämie? Es gibt auch andere gute Argumente.
Kaufprämie? Es gibt auch andere gute Argumente.

Ein entscheidender Grund für diese Entwicklung dürfte sein, dass es in immer mehr Megametropolen schwieriger wird, Fahrzeuge mit traditionellem Motor zuzulassen – im Interesse der Umwelt. Gleichzeitig wird die Ladeinfrastruktur flächendeckend ausgebaut, wozu unter anderem auch Entwicklungen gehören, die es erlauben, Batterien an bestimmten Punkten auszutauschen, anstatt auf das Laden zu warten. Dem Argument zu geringer Reichweite wird damit die Luft aus den Segeln genommen.

In dem Tagesschau-Beitrag wurde dies ebenso erwähnt wie die technischen Raffinessen, mit denen chinesische Hersteller dem ‚Spieltrieb‘ der Autofahrer im Lande entgegenkommen. Ganz nebenbei ist vieles weniger Spielerei, denn Tool für mehr Sicherheit beim Fahren, wenn etwa bestimmte Befehle per Voice-Kommunikation erteilt werden, anstatt durch Kurbeln oder Drücken den Fahrer abzulenken. Diese Eigenschaften sind längst nicht nur den Elektrofahrzeugen made in China vorbehalten.

Am Ende ist letzteres der springende Punkt, der Chinas Autobauern derzeit einen Vorteil bietet. Patriotismus hin oder her, wer immer hört, ich stamme aus Deutschland, lobt deutsche Technologie, schwärmt von deutschen Autos. Hätten Volkswagen & Co. die Entwicklung nicht verschlafen und eher den Trend erkannt, der chinesische Verbraucher mehr anspricht als deutsche, sie könnten in Chinas Konzert der E-Mobilität vielleicht nicht die erste Geige, aber doch eine wichtige Partitur spielen. Der Zug ist längst noch nicht abgefahren. Aufzuspringen ist immer noch möglich. Am besten in Kooperation mit chinesischen Partnern.

Fotos: @PT

China zwischen Deflation und Preiswachstum

Die Aufmerksamkeit richtet sich zunehmend auf China und die dortige Preisdynamik, nachdem in den USA die Berichtssaison fast durch ist. Von Jean-Paul van Oudheusden, eToro*

Während die Inflation in den USA und Europa in den letzten Jahren verteufelt wurde, kämpft China derzeit mit dem Gegenteil: einer zu niedrigen Inflation. Im Juni betrug die Inflationsrate nur 0,2% im Jahresvergleich. Zudem verzeichnete China in den letzten beiden Monaten sogar eine Deflation im Monatsvergleich, also sinkende Preise. Schwache Konsumausgaben und der angeschlagene Immobilienmarkt bremsen die wirtschaftliche Erholung des Landes.

Vor zwei Wochen überraschte die People’s Bank of China (PBoC) mit einer unerwarteten Zinssenkung, um das Wachstum anzukurbeln. Die gute Nachricht ist, dass die Deflationsrisiken nachlassen sollten.

China muss Gas gebenEin weiterer Härtetest steht bevor: Am 15. August veröffentlicht Alibaba seine Quartalszahlen, die Aktionärsversammlung findet am 22. August statt. Alibaba dient als wichtiger Indikator für den Konsum in China, sodass die Ergebnisse weitreichende Einsichten in die wirtschaftliche Lage des Landes bieten werden. Der Umsatz in China übertrifft den internationalen Anteil um das Vierfache. Die Lage ist angespannt: Haushaltsersparnisse sind gestiegen, während das Verbrauchervertrauen eingebrochen ist.

Seit dem Rekordhoch im Jahr 2020 hat die Alibaba-Aktie um rund 75% nachgegeben, notiert jedoch über allen wichtigen gleitenden Durchschnitten (50-, 100- und 200- Tage-Linie). Gleichzeitig haben sich mehrere fundamentale Bewertungskennzahlen, wie das Kurs-Umsatz-Verhältnis, das Kurs-Buchwert-Verhältnis und das Kurs-Gewinn-Verhältnis, historischen Tiefstständen angenähert.

Im Geschäftsjahr bis Ende März 2024 erzielte Alibaba einen Umsatz von rund 60 Mrd. USD. Zum Vergleich: Amazon, der größte Rivale, übertraf Alibaba allein im zweiten Quartal deutlich mit einem Nettoumsatz von 148 Mrd. USD. Die größten Risiken für Alibaba sind weiterhin ein schwaches Wachstum in China, steigende Lebenshaltungskosten und eine zunehmende Deglobalisierung durch Handelskonflikte, möglicherweise verschärft durch einen Sieg von Trump im November. […]

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Jean-Paul van Oudheusden, eToro

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Chinas Zentralkomitee laboriert noch immer an der Weichenstellung

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Vivian Lin Thurston* zu den Ergebnissen des 3. Plenums des 20. Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas in Peking: Weichenstellung.

Chinas 3. Plenum brachte wenig Überraschungen, sowohl in Bezug auf die Aussagen als auch auf die detaillierten politischen Maßnahmen. Es scheint offensichtlich, dass Chinas Führung den Schwerpunkt weiterhin von Wirtschaftswachstum und Entwicklung auf nationale Sicherheit und soziale Gleichheit verlagert. Dies könnte die strukturelle Verlangsamung des chinesischen Wirtschaftswachstums in Zukunft noch verstärken.

Es gab auch eine Verlagerung in Richtung High-End-Produktion und technologische Eigenständigkeit. Das 3. Plenum betonte weiterhin die Entwicklung der ‚Neuen Qualitäts-Produktivkräfte‘ und legte acht Branchen als Schwerpunkt fest, darunter KI, Neue Energie, Neue Materialien, High-End-Ausrüstung, Biomedizin und Quantentechnologien.

Die Verlagerung auf die fortschrittliche Fertigung als Haupttreiber des Wirtschaftswachstums könnte bedeuten, dass der Schwerpunkt in Zukunft weniger auf dem Inlandsverbrauch liegt und die Abhängigkeit von den Exporten zunimmt. Dies führt tendenziell zu einem geringeren strukturellen Wachstum mit höherer Zyklizität, hohen externen Risiken und geringerer Beständigkeit und Qualität.

Weichenstellung: wohin soll die Reise gehen für Chinas Wirtschaft?
Weichenstellung: wohin soll die Reise gehen für Chinas Wirtschaft?

Chinas Wirtschaft befindet sich in einem lang anhaltenden zyklischen Abschwung, der durch ein historisch niedriges Verbrauchervertrauen angeführt wird, das durch die strukturelle Neuausrichtung (insbesondere den strukturellen Rückgang des Immobilienmarktes) und steigende geopolitische Risiken noch verschärft wird. Dies stellt ein sehr schwieriges Umfeld für chinesische Aktien dar. Der Deflationsdruck ist offensichtlich, und ohne sinnvolle politische Unterstützung könnte es schwierig werden, das Verbrauchervertrauen wiederzubeleben und die Wirtschaft anzukurbeln.

Eine positive Entwicklung des 3. Plenums ist, dass die Zentralregierung zunehmend bereit zu sein scheint, den Konsum zu unterstützen und den lokalen Regierungen Mittel zur Verfügung stellen, um den Konsum stärker zu fördern. Es besteht die Möglichkeit, dass wir gegen Ende des Jahres, wenn der Zinszyklus der US-FED sicherer wird und die US-Präsidentschaftswahlen gelaufen sind, eine sinnvollere politische Unterstützung sehen werden.

Vivian Lin Thurston

*) Vivian Lin Thurston, CFA, ist Partner und Portfoliomanager der William Blair Emerging Markets Growth-, China A-Shares Growth-, China Growth-, und Emerging Markets ex China Growth Strategien.

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