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Kuka offen für Mideas Angebot

Gesteigertes Interesse: Midea will seinen Anteil an Kuka erhöhen. 兴趣大增:美的欲增持库卡. Bild: KUKA AG

Auf der Hauptversammlung des Roboterherstellers Kuka AG zeigt sich Vorstandsvorsitzender Till Reuter offen gegenüber dem Übernahmeangebot des chinesischen Haushaltskonzerns Midea. Unter dem Vorbehalt, dass die Details noch nicht auf dem Tisch liegen und eine ausführliche Prüfung noch aussteht, sieht Reuter hierin Vorteile für seine Strategie. Midea hatte am 18. Mai in einer Mitteilung erklärt, ein öffentliches Übernahmeangebot in Höhe von 115 EUR pro Aktie vorlegen zu wollen.

Mit dem Angebot würde Midea eine Prämie von 36,2% auf den Kuka-Schlusskurs am Vortag der Veröffentlichung hinblättern. Nach eigenen Angaben besitzt der Hausgerätehersteller aus Foshan bereits 13,5% der Anteilscheine des Augsburger Automatisierungsspezialisten. Midea strebt mit der Offerte einen Anteil von mindestens 30% an. Ab dieser Schwelle müsste der Käufer dann auch ein Pflichtangebot für alle noch ausstehenden Aktien abgeben. Nach eigenen Angaben will Midea aber Die Selbständigkeit von Kuka nicht antasten. „Wir planen den Erwerb eines Anteils von mehr als 30% an KUKA und haben nicht die Absicht einen Beherrschungsvertrag zu schließen oder das Unternehmen von der Börse zu nehmen“ erklärt hierzu Paul Fang, Chairman und CEO von Midea in der Mitteilung. „Eine höhere Beteiligung trifft unserer Meinung nach die richtige Balance zwischen einer unabhängigen Kuka und der Möglichkeit, durch eine engere Zusammenarbeit, vor allem in China, mehr Wachstum zu generieren“,  erläutert Fang die Strategie des Konzerns aus Südchina weiter.

Kuka-Vorstandsvorsitzender Till Reuter wiederum sieht dem Angebot von Midea eine Unterstützung für die die strategischen Interessen des Augsburger Unternehmens. „Unsere Strategie sieht vor, dass wir unseren Umsatz bis zum Jahr 2020 auf 4 bis 4,5 Mrd. EUR etwa steigern wollen. Zwei wichtige Treiber dafür sind der chinesische Markt und Industrie 4.0“, sagte der Kuka-Chef hierzu auf der Hauptversammlung. Denn: China sei schon heute der größte Robotermarkt der Welt. Noch ist die Roboterdichte erheblich niedriger als in Deutschland, doch dies wird sich nach Branchenverbandsschätzungen in den kommenden Jahren ändern. China ist für Reuter der Zukunftsmarkt seines Unternehmens. „In unserer Strategie haben wir uns das Ziel gesetzt, im Jahr 2020 einen Wert von 1 Mrd. Umsatz dort zu erreichen. Ein Partner, der diese Strategie unterstützt und uns noch besseren Marktzugang verschafft, könnte für Kuka ein erheblicher Wachstumstreiber sein“, meinte Reuter. Als Voraussetzung machte der Vorstandsvorsitzende aber auch klar, dass er am Unternehmensstandort Deutschland mit der starken Forschungs- und Entwicklungsbasis in Augsburg nicht rütteln will. „Wir stehen wie kaum jemand anders für Industrie 4.0 Made in Germany. Das muss auch so bleiben“, so Reuter.

HNA will Air-France-Caterer übernehmen

Europas Luftverkehr im Fokus: Nach der Schweiz ist HNA nun auch in Frankreich als Investor aktiv. 聚焦欧洲航空业:海南航空在投资瑞士后瞄准法国. Bildquelle: Fotolia; © hit1912

Der chinesische Mischkonzern HNA beabsichtigt, von der französischen-niederländischen Luftfahrtgesellschaft Air France-KLM die Catering-Sparte Servair zu übernehmen. Laut Medienberichten führen beide Seiten derzeit exklusive Verhandlungen über den Verkauf eines Anteils von 49,99% an Servair. Darüber hinaus zielt HNA auf die operative Kontrolle über den Caterer ab. Den Gesamtwert der Sparte beziffert Air France-KLM auf 475 Mio. EUR. Für das Unternehmen aus Haikou wäre der Deal ein weiterer Schritt bei seiner Expansion in Europa.

HNA sorgte bisher durch Investitionen in der Schweiz für Schlagzeilen. Dort übernahm die Gruppe vergangenes Jahr den Flugzeugabfertiger Swissport mit seinen 55.000 Mitarbeitern für 2,73 Mrd. Franken (2,5 Mrd. EUR). Im April dieses Jahres dann legten die Südchinesen ein öffentliches Übernahmeangebot an die Aktionäre der Gategroup für 53 CHF (48,70 EUR) pro Anteilsschein vor. Die Angebotsfrist läuft noch bis zum 23. Juni. Nach Abschluss der Transaktion soll das defizitäre Cateringunternehmen von der Börse genommen werden.

HNA ist ein Fortune Global 500 Unternehmen in Privatbesitz, mit Hauptsitz in Haikou auf der südchinesischen Insel Hainan. Die Aktivitäten umfassen die Bereiche Luftfahrt, Infrastruktur, Immobilien, Finanzdienstleistungen, Tourismus und Logistik. HNA beschäftigt weltweit insgesamt 110.000 Mitarbeiter. Zur Unternehmensgruppe gehören unter anderem mehrere Passagier- und Frachtfluggesellschaften (z.B. Hainan Airlines). 2014 erzielte der Konzern einen Umsatz von 25 Mrd. USD. Aktuell betreibt die HNA zehn Flughäfen, darunter auch der Haikou Meilan International Airport.

Chinas FinTechs sind Magnet für Venture Capital

Innovativ und attraktiv: Chinas FinTech-Branche lockt Rekord-Investments an. 创新与吸引:中国对金融科技部门的投资打破记录. Bildquelle: Fotolia; © xtock

China ist bei Venture Capital Investitionen in Start-ups aus dem Finanzdienstleistungssektor („FinTechs“) weltweit führend. Nach nur 300 Mio. USD im vierten Quartal 2015 warben chinesische FinTechs in den ersten drei Monaten des laufenden Jahres Mittel in Höhe von 2,4 Mrd. USD ein – fast die Hälfte des globalen Volumens. Weltweit wurden unter Beteiligung von Wagniskapital 4,9 Mrd. USD in diesen Sektor gepumpt. Dies geht aus einer neuen Studie der Beratungsgesellschaft KPMG hervor. Demnach wurden auch die größten Einzel-Deals im größten Schwellenland der Welt getätigt.

So sammelte die P2P-Kreditplattform Lu.com 1,2 Mrd. USD in ihrer zweiten Finanzierungsrunde ein. Mit 1 Mrd. USD konnte sich der Online-Finanzdienstleister JD Finance ähnlich hohe Mittel sichern. Zusammen erhielten die beiden FinTechs rund 92% des in diesem Bereich in China investierten Kapitals. Weitere bedeutende Deals waren die Finanzierungsrundes der Kreditplattformen Welab Holdings (160 Mio. USD) und Duanrong (59 Mio. USD), des Online-Versicherers Huize Insurance (31 Mio. USD) sowie von Qufenqi (27 Mio. USD), einer Micro-Kredit-Website für Studenten.

In den nächsten Monaten kann China seine weltweite Spitzenposition bei den Investitionen in FinTechs unter Beteiligung von Venture Capital wahrscheinlich sogar noch ausbauen. So gab im April der Zahlungsanbieter Ant Financial eine neue Finanzierungsrunde in Höhe von 4,5 Mrd. USD bekannt.

Die KPMG-Studie kann hier heruntergeladen werden.

„Am Ende helfen nur Marktkräfte“

Offene Worte: Jörg Wuttke, Präsident der EU-Handelskammer in China, mahnt eine Stärkung der Marktwirtschaft im größten Schwellenland der Welt an. “通过并购来进行产业整顿确实是可能性之一。” 中国欧盟商会主席 Joerg Wuttke

China steht vor dem Problem massiver Überkapazitäten. Eine Ursache liegt in der Protektion von Staatsbetrieben durch Lokalregierungen. Inwieweit Fusionen hier ein Teil der Lösung sind und welche ordnungspolitischen Fragen so manche Outbound-Übernahme aufwirft, erklärt Jörg Wuttke, Präsident der EU-Handelskammer in China.

Unternehmeredition: Wie wirkt sich die Abkühlung des Wachstums derzeit auf das Investitionsumfeld für europäische Unternehmen in China aus?

Jörg Wuttke: Die Investitionen aus der EU in China sind 2015 um ca. 10% zurückgegangen und fielen damit unter 10 Mrd. Euro. Das steht im Gegensatz zu den zunehmenden chinesischen Investitionen in Europa. Diese stiegen im letzten Jahr um 25% auf über 22 Mrd. Euro. Die ersten Monate dieses Jahres haben mit den Übernahmen von KraussMaffei und Syngenta durch ChemChina bereits wieder gezeigt, wie interessant Europa für China ist. China dagegen wird aufgrund der wirtschaftlichen Gegenwinde leider für europäische Unternehmen derzeit unattraktiver.

In welchen Branchen wünscht die chinesische Regierung mit Blick auf die Modernisierung der Wirtschaft verstärkte ausländische Investitionen?

Die Regierung hat ihre Wünsche im Plan „Made in China 2025“ klar formuliert: So will sich China im Bereich Semiconductor positionieren, was natürlich eher zu den Stärken amerikanischer Produktportfolios zählt. Darüber hinaus setzt man auf Health Care, Basic Materials, Robotik sowie Agrarwirtschaft. Wir gewinnen den Eindruck, dass sich dadurch einige interessante Geschäftsfelder für europäische Industrien und Firmen auftun. Auf der anderen Seite setzen die Ankündigungen von „Made in China 2025“ relativ deutlich das Zeichen, dass es eben nicht um „Made by Europeans in China“ geht, sondern um „Made by Chinese in China“. Dadurch sehen wir in den nächsten zehn Jahren auch einen erhöhten Konkurrenzdruck auf uns zukommen.

Welche Rolle spielen für europäische Unternehmen M&A als eine Form der Direktinvestitionen in China?

Die meisten Unternehmen gehen über Greenfield-Investitionen nach China. Manche müssen oder wollen über Joint Ventures agieren. Die wenigsten versuchen sich in M&A-Aktivitäten, da die Preise für chinesische Firmen äußerst hoch sind, das Angebot attraktiver Ziele hingegen sehr klein ist. Oftmals verhindern auch politische Sperren die Akquise chinesischer Unternehmen. Da gibt es immer noch die Beschränkungen im Investitionskatalog der National Development and Reform Commission. Daher ist das Portfolio für Investitionen relativ klein, während beispielsweise die Chinesen in Europa mit sehr großem Volumen im M&A aktiv sind und kaum Greenfield-Investitionen tätigen.

Die EU-Handelskammer in China hat die Problematik der Überkapazitäten der chinesischen Industrie in einer Studie untersucht. Inwieweit behindern Überkapazitäten die Modernisierungsbestrebungen des Landes?

Die Überkapazitäten sind primär im kapitalintensiven Bereich angesiedelt. Die Probleme in diesem Sektor haben mit dem Immobilienboom der letzten zehn Jahren zu tun. Überbordender Optimismus und fester Glaube an die Notwendigkeit hoher Marktanteile auf Unternehmensseite führen dazu, dass keiner den Markt verlässt. Bei uns in Europa stellen Bankrotte einen Exitmechanismus dar. Da die Sektoren, die wir untersucht haben, aber gerade von lokalen staatseigenen Betrieben dominiert werden, können die Anbieter alle mit Hilfe von Subventionen weitermachen. Und es wird auch bei Umweltproblemen ein Auge zugedrückt. Somit werden diese Unternehmen nie richtig innovativ sein und sich durch Produktspezifizierung differenzieren können. Denn jeder ist in erster Linie mit dem Kampf ums eigene Überleben beschäftigt.

Welche Rolle können angesichts dieser Probleme mit den Überkapazitäten Fusionen und Übernahmen der einheimischen Unternehmen untereinander – oder auch durch ausländische Unternehmen –  für eine Konsolidierung spielen?

Konsolidierung durch Übernahmen ist sicherlich eine der Möglichkeiten. Es wird allerdings bereits seit geraumer Zeit davon gesprochen. Am Ende helfen nur Marktkräfte, um zu sehen, wer gewinnt und wer verliert. Es gibt schließlich auch sehr gute Firmen, die in der derzeitigen Situation an die Wand gedrückt werden. Es wird sich zeigen, inwieweit ein Umschwung stattfindet. Die gute Nachricht ist, dass zumindest bereits Gelder in Höhe von 100 Mrd. Renminbi zur Verfügung gestellt werden, 60% davon bereits dieses Jahr. Damit sollen Transaktionen unterstützt werden. Das ist zwar ein Tropfen auf den heißen Stein, aber immerhin ein guter Anfang.

Staatsunternehmen sehen ihr primäres Ziel häufig in einem möglichst großen Marktanteil, gleichzeitig verfügen sie über starke finanzielle Rückendeckung durch die staatlichen Banken. Wie schätzen Sie es ein, wenn diese Unternehmen verstärkt im Ausland Unternehmen zukaufen?

Es gibt viele gute Unternehmen – gerade aus dem privaten Bereich – die in Europa investieren. Ein Vorzeigebeispiel hierfür ist Sany mit der Übernahme von Putzmeister  – oder Geely, die Volvo gekauft haben. Hier folgt die Flagge dem Geld und nicht umgekehrt. Im Fall von ChemChina war hingegen bei der Übernahme von Syngenta nicht ganz so klar, inwieweit hier das Geld der Flagge folgte, d.h. inwieweit es ein gesteuerter oder privatwirtschaftlich angedachter Deal war. Wir dürfen in Europa allerdings auch nicht in Panik geraten und alle Investitionen auf den Prüfstand stellen. Denn die Privatunternehmen haben sich bei ihren Transaktionen wirklich stets marktwirtschaftlich verhalten. Aber in der Tat muss man sehen, ob Firmen, die unbegrenzt finanzielle Zuwendungen erhalten, ungehindert in Europa einkaufen gehen können. Zumal diese Unternehmen aktiv in unsere Marktwirtschaft eingreifen und beispielsweise legitime Deals von hiesigen Aktiengesellschaften verhindern, da sie mehr auf den Tisch legen können. Sie führen damit die Staatswirtschaft in einigen Teilen unserer europäischen Industrie mit ein.

Unternehmen wie Huawei investieren massiv in eigene Forschung und Entwicklung. Übernahmen von ausländischen Unternehmen indes werden in China bevorzugt als eine Abkürzung zum Upgrade der eigenen Industrie gesehen. Wie bewerten Sie dies?

Huawei ist ein Musterbeispiel, wie man es richtig macht. Das Unternehmen investiert in die Technologieregionen Deutschlands, stellt Leute vor Ort ein und integriert Deutschland in die chinesische Demand-Story. Das sollte man auf alle Fälle so beibehalten. Von der breiten Bevölkerung wird aber womöglich irgendwann die Frage gestellt, wie es weitergeht, wenn sich andererseits Staatsunternehmen in Deutschland und in Europa im High Tech-Bereich einkaufen. Der Syngenta-Deal von ChemChina ist ein Beispiel und man fragt sicher, wer als nächstes dran ist. Man sieht dann die Liste der Branchen im Plan „Made in China 2025“ mit anderen Augen. Natürlich ist es für die chinesischen Unternehmen legitim, dies so zu machen. Schließlich legen sie ja wirklich Geld auf den Tisch. Die Frage ist letztendlich, ob das die europäische Öffentlichkeit und die Politik weiter so zulassen.

Herr Wuttke, vielen Dank für das Gespräch.

 

2016-2_Trends_Interview_Joerg Wuttke_b225Jörg Wuttke steht seit 20 Jahren einem multinationalen europäischen Unternehmen in Beijing vor und ist seit 2014 Präsident der EU-Handelskammer in China, die die Interessen von mehr als 1.600 Mitgliedsunternehmen vertritt. Schon einmal, zwischen 2007 und 2010, hielt er diese Position inne. Von 2001 bis 2004 war Wuttke Vorsitzender der Deutschen Handelskammer in China. Seit der Gründung 2013 ist er darüber hinaus Mitglied im Kuratorium des in Berlin beheimaten Mercator Institute for China Studies (MERICS).

GCI legt Übernahmeangebot für Aixtron vor

Aus der Traum: FGC zieht sich von der Übernahme des LED-Spezialisten Aixtron zurück. 希望破灭:福建宏芯投资基金退出爱思强收购案。Bild: Aixtron SE

Gemäß einer Vereinbarung wird Grand Chip Investment GmbH (GCI)  ein freiwilliges öffentliches Übernahmeangebot unterbreiten, um alle ausstehenden Aktien von Aixtron inklusive der durch American Depositary Shares (ADS) repräsentierten Stammaktien zu erwerben. Den Aktionären von Aixtron werden dazu 6,00 Euro pro Aktie in bar angeboten.

Das entspricht einer Unternehmensbewertung von Aixtron inklusive Cash in Höhe von rund 670 Mio. EUR und einer Prämie von 50,7% gegenüber dem gewichteten durchschnittlichen dreimonatigen Börsenkurs vor der Bekanntgabe der Transaktion. Der letzte Kurs von Aixtron lag bei 4,78 EUR, entsprechend einer Marktkapitalisierung von etwas mehr als 500 Mio. EUR.

So gaben Aixtron und der Fujian Grand Chip Investment Fund LP (FGC) bekannt, dass Aixtron und die Grand Chip Investment GmbH (GCI) als 100%ige Tochtergesellschaft des FGC eine Vereinbarung über einen Zusammenschluss getroffen haben. FGC ist ein chinesischer Investmentfonds, der zu 51% von dem chinesischen Geschäftsmann Zhendong Liu und zu 49% von der Xiamen Bohao Investment Ltd. gehalten wird.

Vorstand und Aufsichtsrat von Aixtron befürworten das Angebot der Chinesen: „Mit FGC haben wir einen Partner gefunden, der uns einen lokalen Marktzugang bietet und damit unsere Geschäftsziele in Asien unterstützt“, erklärte Kim Schindelhauer, Aufsichtsratsvorsitzender von Aixtron.

Die Beteiligten bekunden, dass Kosten zu senken oder Stellen abzubauen kein Thema der Fusion sei: FCG unterstützte Aixtrons bisherige Strategie, Martin Goetzeler bleibe CEO und Dr. Bernd Schulte COO.

Rund 1,7 Mrd. RMB, die etwa 231 Mio. EUR entsprechen, werden als Eigenkapitalfinanzierung durch den FGC bereitgestellt. Der Rest der Transaktion ist durch Kreditlinien besichert.

Lockende Zukunftstechnologie

Die orangefarbenen Roboter von Kuka sind weltweit gefragt. Keine Überraschung deshalb, dass der chinesische Konzern Midea seine Anteile im Februar 2016 auf über 10% erhöhte. Welche strategischen Ziele er damit verfolgt, bleibt im Dunkeln. Um den Augsburger Maschinenbauer hat ein harter Investorenkampf begonnen.

Erst im August 2015 wurde bekannt, dass Midea Anteile an Kuka erworben hatte – vermutlich stammen sie vom französischen Lebensversicherer Axa, der seine Beteiligung reduzierte. Im Februar 2016 stockte der chinesische Hersteller von Haushaltsgeräten seine Aktien an dem Augsburger Maschinenbauer nochmals von 5,4 auf 10,2% auf. Der Nachkauf ist für das Unternehmen aus Foshan nicht einfach eine Finanzinvestition. Da die Schwelle von 10% überschritten wurde, mussten die Ziele veröffentlicht werden. In einer Pflichtmitteilung teilte der Konzern mit, er verfolge mit seinem Engagement „strategische Ziele“, ohne sie jedoch näher zu erläutern. Die Anteile der Chinesen sind mittlerweile über 380 Mio. EUR wert. Und damit geben sie sich noch nicht zufrieden. Die börsennotierte Midea will in den nächsten zwölf Monaten bei Kuka weiter zukaufen, wird in der Mitteilung angekündigt. Doch nicht nur über die Beteiligung ist der MDAX-Konzern mit China verbunden. Die Augsburger sind dort längst mit einer eigenen Fertigung präsent und ihre Produkte sind seit Jahren in den chinesischen Fabriken deutscher Autobauer zu finden.

Stark bei Industrie 4.0

Roboter sind das Kerngeschäft von Kuka. Die orangefarbenen Maschinen der Augsburger leisten gute Dienste in Fabriken auf der ganzen Welt. Vor allem große Autobauer wie BMW, Daimler und Volkswagen stehen auf der Kundenliste. Daneben ist der deutsche Konzern ganz vorn bei einer wichtigen Zukunftstechnologie: Digitalisierung der Industrieproduktion. Bei Industrie 4.0 lernen die Roboter untereinander und mit den Mitarbeitern zu kommunizieren. Dieses innovative Know-how macht den drittgrößten Roboterhersteller der Welt attraktiv für viele – auch für chinesische Konzerne.

Weltweiter Boom im Robotermarkt

Seit 2009 befindet sich der weltweite Markt für Industrieroboter in einem stetigen Aufwärtstrend. „Laut International Federation of Robotics stieg die Zahl der verkauften Industrieroboter 2014 um 29% auf den neuen Jahreshöchststand von 229.000 Einheiten“, erläutert Karen Kharmandarian, Manager des Pictet-Robotics-Fonds. Die stärkste Nachfrage kommt aus Asien. „Bei einem Marktvolumen von 32 Mrd. USD gehen wir bis 2018 von jährlichen Wachstumsraten von mindestens 15% aus“, sagt Kharmandarian.  Kuka gehöre zu den vier größten Playern weltweit. „Hinzu kommen die japanischen Konzerne Fanuc und Yaskawa Electric sowie die Schweizer ABB“, so Kharmandarian. „Diese Konzerne sind auch stark bei ’Collaborative Robots’, einer neuen Generation von Industrierobotern, die intelligenter, kleiner, sicherer und billiger als ihre Vorgänger sind.“

Neuer Markt für Midea

In China ist der Nachholbedarf am größten: Hier gibt es pro 10.000 Fabrikarbeiter erst 36 Industrieroboter, im globalen Durchschnitt sind es bereits 66. Doch das Land holt rasant auf: Seit 2013 werden die meisten neuen Roboter in China gekauft. „2014 konnte mit 57.100 Einheiten erneut eine Rekordmarke erzielt werden – 25% der weltweiten Lieferungen und ein Anstieg um 56% gegenüber 2013“, erläutert Kharmandarian. „Bis 2018 wird schätzungsweise jeder dritte in der Produktion tätige Industrieroboter in China stehen.“ Midea hat mit Industrierobotern noch wenig Erfahrung, denn die Aktiengesellschaft ist auf Haushaltsgeräte spezialisiert. Das 1968 gegründete Unternehmen ist nach eigenen Angaben Chinas größter Hersteller von Heizgeräten, Raumbelüftern und Klimaanlagen. Der Konzern beschäftigt weltweit über 100.000 Mitarbeiter und erzielte 2014 einen Umsatz von 23 Mrd. USD. Viele chinesische Unternehmen haben es momentan auf deutsche Technologie abgesehen. Ein Schwerpunkt sind Maschinenbau und Umwelttechnik. Deshalb ist es kein Wunder, dass sich auch Midea für einen deutschen Konzern interessiert, der in China stark wächst.

Jenseits der Autobranche

Wie gut Kuka aufgestellt ist, bestätigen die Jahreszahlen für 2015. Wegen der Übernahme des Schweizer Logistik-Spezialisten Swisslog schnellte der Umsatz um 41,5% auf knapp 3 Mrd. EUR hoch. Wie angekündigt bauten die Augsburger vor allem ihr Geschäft außerhalb der Autobranche stark aus. Ohne die Bilanzeffekte durch den Merger legte der Betriebsgewinn (EBIT) um ein Drittel auf 194,3 Mio. EUR zu. „Wir haben die Digitalisierung der Fertigungsprozesse vorangetrieben“, sagt Vorstandschef Till Reuter. „Die intelligente Produktion wird auch 2016 ein Kernthema sein.“ Die operative Marge ist noch steigerungsfähig; mit 6,6% lag sie nur knapp innerhalb der Prognose von 6,5 bis 7,0%. Auch die Gewinnspanne im Segment Robotik war mit 11% niedriger als bei den Konkurrenten Fanuc (40%) und ABB (15,6%). Der Ausblick auf 2016 ist indes eher verhalten. Zwar soll der Umsatz auf über 3 Mrd. EUR steigen, prozentual wird aber weniger als operatives Ergebnis übrig bleiben. Bei der EBIT-Marge rechnet Kuka für dieses Jahr nur mit etwa 5,5%. Der Grund dafür sind höhere Investitionen in die Digitalisierung der Produktion und der eigenen Logistik.

Weitere Großaktionäre

Mit der Aufstockung ist Midea zum drittgrößten Aktionär von Kuka aufgestiegen. Der größte ist der schwäbische Anlagenbauer Voith mit einem Anteil von 25,1%, den er 2014 vom früheren Großaktionär Grenzebach erwarb. Die Kuka-Manager sehen dieses Engagement positiv: Voith ist mit knapp 5,6 Mrd. EUR Umsatz fast doppelt so groß wie der MDAX-Konzern. Die Schwaben, die bereits Aktien vom Karbonfaserhersteller SGL Group kauften, sehen die Beteiligung als strategisches Investment. „Die Informatisierung und Automatisierung wird die industriellen Fertigungsabläufe in den nächsten Jahren fundamental verändern“, ließ Voith seinerzeit beim Einstieg verlauten. „Roboter sind die Schlüsselkomponenten für die digitalisierte Industrie der Zukunft und den Megatrend Industrie 4.0.“ Zweitgrößter Aktionär ist der hessische Unternehmer Friedhelm Loh mit seiner Investmentfirma Swoctem. Seit August 2014 besitzt er rund 10% der Anteile, die er ebenfalls noch erhöhen möchte.

Voith hält Sperrminorität

Wegen dieser weiteren Großaktionäre ist die Wahrscheinlichkeit gering, dass Midea eine strategische Mehrheit bei Kuka anstrebt. Dazu bräuchten die Chinesen 75% der Anteile, was jedoch Ankeraktionär Voith derzeit verhindern will. Zudem müssten sie enorm viel Kapital in die Hand nehmen. Denn die Kuka-Aktie entwickelte sich in den vergangenen sechs Jahren zu einer Kursrakete – der Anstieg betrug über 800%. Wegen des hohen Preises ist es auch für einen großen Konzern wie Midea nicht leicht, weitere Wertpapiere zu kaufen.

Aktie hoch bewertet

Hinzu kommt, dass Analysten die Aktie auf diesem Niveau bereits für überteuert halten. „Das operative Geschäft gibt eine solche Bewertung nicht her“, sagt Sebastian Growe, Aktienanalyst bei der Commerzbank. Außerdem hängt Kukas Geschäftsentwicklung stark davon ab, ob die chinesische Regierung das Wirtschaftswachstum weiter stabil halten kann. China ist für das Unternehmen der zentrale Wachstumstreiber außerhalb der Autoindustrie. Bisher geht man in der Augsburger Zentrale davon aus, dass hier der Markt für Automatisierungen in der Fertigung in den nächsten beiden Jahren doppelt so stark wie global zulegen wird. Neben dem eigenen Produktionswerk in Shanghai wurde deshalb auch ein Joint Venture mit dem chinesischen Konzern Yawei vereinbart. Käme es jedoch zu einer Rezession in China, ist eine Talfahrt der Kuka-Aktie nicht auszuschließen. So viele Risiken könnten bei Midea Bedenken wecken, die Beteiligung auf über 50% zu erhöhen.

FAZIT

Der Robotermarkt ist ein weltweit heiß umkämpftes Zukunftsgeschäft. Kuka ist in vielen Ländern sehr gut aufgestellt. Wenig Wunder, dass neben deutschen auch chinesische Konzerne an einer strategischen Partnerschaft interessiert sind. Eine Übernahme durch Midea dürfte aber momentan kein Thema sein. Dagegen sprechen die beträchtlichen Anteile der übrigen Großaktionäre und der derzeit hohe Aktienkurs.

 

Kurzprofile

Kuka AG

Gründung 1898
Branche Maschinenbau
Unternehmenssitz Augsburg
Mitarbeiter 12.300
Umsatz 2015 2,966 Mrd. EUR
Internet www.kuka.de

 

Midea Consumer Electric Manufacturing Co.,Ltd.

Gründung 1968
Branche Haushaltsgeräte
Unternehmenssitz Foshan, Provinz Guangdong
Mitarbeiter 100.000
Umsatz 2014 23 Mrd. USD
Internet www.midea.com

 

„Wir können einen sichtbaren Anstieg von Anfragen verzeichnen“

Bernhard Felizeter ist Abteilungsleiter Environmental Services an der Deutschen Außenhandelskammer in Peking. Bernhard Felizeter现任德国工商大会北京代表处环境服务部总监

Schon 1979 erließ China das erste Umweltgesetz. In der Praxis aber hatte Wirtschaftswachstum stets Vorrang vor Umweltschutz. Mit der Reform des Umweltschutzgesetzes Anfang letzten Jahres, der Initiative „Made in China 2025“ und dem jüngst verabschiedeten 13.  Fünfjahresplan weht nun ein neuer Wind in dem Riesenreich. Bernhard Felizeter, verantwortlich für den Bereich Environmental Services an der AHK in Peking, erläutert die praktischen Auswirkungen der neuen Politik – und die Chancen daraus für deutsche Unternehmen.

Unternehmeredition: Was hat sich seit der Reform des Umweltschutzgesetzes zum 1. Januar 2015 geändert?

Bernhard Felizeter: Das letzte Jahr hat gezeigt, dass die neuen erweiterten Sanktionsmöglichkeiten der seit Anfang 2015 geltenden verschärften Fassung des Umweltschutzgesetzes bei der sensibilisierten Öffentlichkeit eine größere Rolle spielen und von Lokalregierungen durchaus angewandt werden. In der Vergangenheit verschafften die weit verbreitete Nichteinhaltung der geltenden Bestimmungen des Umweltschutzgesetzes und die unzureichende Ahndung von Verstößen vielen Unternehmen in China zum Teil deutliche Vorteile gegenüber Konkurrenten. Durch die neue Fassung mit merklich strengeren Sanktionen von bis zu 100.000 RMB pro Tag – das sind ca. 13.500 EUR –  und der möglichen Verordnung von Produktionsstopps sowie Maßnahmen zur Steigerung von Transparenz werden die Wettbewerbsvoraussetzungen weiter angeglichen. Viele deutsche Produktionsunternehmen in China mussten wenig an ihren Anlagen ändern, da sie bereits nach deutschen oder europäischen Standards produzieren und daher gut für die Neuerungen des Umweltschutzgesetzes gewappnet waren. Darüber hinaus eröffnen die deutlich verschärften Emissionsregelungen im Gesetz aussichtsreiche neue Marktchancen für deutsche Unternehmen, die auf lokale Anforderungen angepasste Lösungen zur Effizienzsteigerung und Umrüstung von chinesischen Industrieanlagen anbieten.

Sowohl in dem Modernisierungsplan „Made in China 2025“ als auch im 13. Fünfjahresplan werden Umweltziele wie der Ausbau der erneuerbaren Energien und die Reduzierung des CO2-Ausstoßes genannt. Welche Impulse erwarten Sie daraus für die wirtschaftliche Entwicklung und die Investitionen der Unternehmen?

Die ambitionierten Ausbauziele Chinas im Bereich der erneuerbaren Energien sind langfristig energie- und industriepolitisch motiviert. Die chinesische Regierung sieht vermehrt Wachstumschancen in diesem Sektor und treibt bewusst die Entwicklung der eigenen Industrie weiter voran. Die derzeitige Transformation der Wirtschaft zu einem qualitativ nachhaltigeren Wachstum, das von technologischem Fortschritt und Innovationen getrieben sein soll, führt zu einem stärkeren Druck auf die lokalen Unternehmen im Hinblick auf Effizienzsteigerungsmaßnahmen, beispielsweise im Produktionsbereich. In diesem Zusammenhang ist auch der Mitte des vergangenen Jahres ausgerufene strategische Modernisierungsplan „Made in China 2025“ zu sehen, der für neue Impulse bei Innovationen sorgen soll. Die verschärften Zielvorgaben des 13. Fünfjahresplans rücken Themen wie erneuerbare Energieerzeugung, Recycling und Kreislaufwirtschaft, Wasserbehandlung sowie Elektromobilität in China stärker in den Vordergrund und eröffnen deutschen Unternehmen aus den Bereichen Energie- und Ressourceneffizienz sowie Umwelttechnologien neue Geschäftsmöglichkeiten.

Stellen Sie in Ihrer Praxis vermehrt Anfragen von chinesischen Unternehmen zur Zusammenarbeit mit deutschen Unternehmen oder Investitionsmöglichkeiten in deutsche Technologien im Bereich Umwelttechnik fest?

Wir können einen sichtbaren Anstieg von Anfragen chinesischer Unternehmen zur Zusammenarbeit mit deutschen Umwelttechnologieanbietern verzeichnen. Besonderes Interesse wird deutschen Lösungen zur Effizienzsteigerung und Energieeinsparung im Industrie- und Gebäudesektor, nachhaltigeren Energieerzeugung sowie innovativen Produkten und Technologien zur Luft-, Wasser- und Abfallbehandlung entgegengebracht. Auch Mess- und Regeltechnikprodukte zur Überwachung und Identifikation von Effizienzsteigerungs- und Einsparpotenzialen werden nachgefragt. In letzter Zeit erreichten uns vermehrt spezifische Anfragen bezüglich deutscher Lösungsanbieter für Kohlenstaubfeuerung in Kombination mit industriellen Kesselanlagen.

Wie schätzen chinesische Unternehmen deutsche Technologien im Vergleich zu anderen Anbietern aus Europa, den USA oder Japan ein?

Chinesische Unternehmen sind sich der weltweit führenden Stellung Deutschlands im Bereich Umwelttechnik bewusst und verbinden entsprechende deutsche Produkte grundsätzlich mit einem sehr hohen technologischen Standard und hochwertiger Qualität. Abhängig von der jeweiligen Produktkategorie und dem Preisniveau bestehen natürlich auch Unterschiede bei der Nachfrage. Während bei Luftreinigungsgeräten im Premiumsegment beispielsweise Anbieter aus der Schweiz und Schweden beliebt sind, werden japanische Hersteller im mittleren Segment verstärkt nachgefragt. Im Bereich wandhängende Heizgeräte sind unter den internationalen Anbietern deutsche Unternehmen führend, während Produkte aus Japan und den USA eine vergleichsweise untergeordnete Stellung einnehmen.

Wie sieht das Interesse von deutscher Seite aus? Welche Strategien sind für deutsche Unternehmen in China zur Erschließung des Umwelttechnikmarkts erfolgversprechend?

Während der Umweltschutzmarkt in Deutschland und vielen Ländern Europas bereits vergleichsweise weit entwickelt ist, stößt das in China in diesem Bereich vorhandene Entwicklungspotenzial auf großes Interesse bei deutschen Lösungsanbietern. Um im Umweltsektor in China erfolgreich zu sein, sind eine Präsenz vor Ort, fundierte Marktkenntnisse, qualifizierte chinesische Mitarbeiter und eine gute Marketing-Strategie entscheidend. Dabei gilt es, den Mehrwert der eigenen Produkte herauszustellen und die Vermarktung an die lokalen Gegebenheiten anzupassen. Ausländische Unternehmen stehen außerdem zunehmender Konkurrenz durch einheimische Hersteller gegenüber. Auch wenn die Produkte chinesischer Anbieter, gerade in der Umweltbranche, hinsichtlich Effizienz und Qualitätsanspruch meist deutscher Technologie unterlegen sind, können sie durch niedrigere Preise punkten.

Was gibt es noch auf dem chinesischen Umwelttechnikmarkt zu beachten?

Die Entwicklung des chinesischen Marktes für Umwelttechnik verläuft sehr heterogen, die Rahmenbedingungen unterscheiden sich von Region zu Region zum Teil stark. Eine lokale Präsenz und das Verständnis für regionale Besonderheiten sind wichtig, wenn die Hauptkunden außerhalb der sogenannten First-Tier-Städte liegen. Auch die lokalen Behörden sind bedeutende Akteure, die es in Entscheidungsprozesse einzubinden gilt. Die sehr dynamische Entwicklung der Umweltbranche erfordert das regelmäßige Einholen neuer Informationen und eine gute Vernetzung innerhalb der Branche. Die Umweltabteilungen der deutschen Auslandshandelskammern in China sehen es als eine ihrer wichtigsten Aufgaben an, deutsche Unternehmen hierbei zu unterstützen.

Herr Felizeter, vielen Dank für das Interview!

Ausführliche Informationen zum chinesischen Markt für Umwelttechnik und Energieeffizienz lesen Sie in der Titelstory der Ausgabe 2-2016 von „M&A China/Deutschland“.

 

20160517_AHK_Interview_Felizeter_PortraetBernhard Felizeter ist Abteilungsleiter Environmental Services an der Deutschen Auslandshandelskammer in Peking. Er ist dort für Fragen zum chinesischen Markt für Umwelt, Bauen, Elektromobilität, Kohlenstoffmarkt, Energieeffizienz und erneuerbare Energien verantwortlich und begleitet öffentlich geförderte Projekte. Außerdem ist er Chefredakteur des Econet Monitor Magazins, das neun Mal im Jahr erscheint. Darüber hinaus ist er mit Organisation von Veranstaltungen, Delegationsreisen sowie Umwelttrainings befasst.

Neues Doppelbesteuerungsabkommen

Deutsch-chinesische Geschäftswelt: Nicht immer ist es einfach, den richtigen Partner zu finden. 德中商业合作:找到一个合适的合作伙伴,并不是件容易的事。Bildquelle: Fotolia; © meshmerize

Die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und China intensivierten sich in den vergangenen 20 Jahren zunehmend, weshalb bereits im Jahre 2007 Verhandlungen über ein neues Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) stattfanden um das alte Abkommen von 1985 zu erneuern. Das neue DBA wurde schon im März 2007 von beiden Seiten unterzeichnet, jedoch nach langwierigen Verzögerungen des Ratifizierungsprozesses erst vor kurzem von beiden Regierungen freigegeben. Laut der chinesischen Steuerverwaltung (State Administration of Taxation) wird das neue DBA zum 1. Januar 2017 in Kraft treten. Anpassungen der Gesetze betreffen den Ort der Besteuerung, die Quellenbesteuerung, sowie die Zusammenarbeit der Steuerbehörden.

Im Folgenden werden einige ausgewählte, für deutsche Investoren in China bedeutende Änderungen aufgeführt.

Ort der Besteuerung

Artikel 5 – Betriebsstätten: Der Schwellenwert für Baubetriebsstätten wird von 6 auf 12 Monate verlängert und der Schwellenwert für Dienstleistungsbetriebsstätten von 6 Monaten auf 183 Tage innerhalb eines Zeitraums von 12 Monaten geändert.

Artikel 14 – Selbständige Arbeit und Artikel 15 – Einkünfte aus unselbständiger Arbeit: Durch Änderung der IIT-Pflicht (Individual Income Tax) wird der Schwellenwert von 183 Tagen innerhalb „eines Kalenderjahrs” auf 183 Tage innerhalb „eines Zeitraums von 12 Monaten” geändert.

Quellenbesteuerung

Artikel 10 – Dividenden: Die Quellenbesteuerung auf Gewinnausschüttung von Tochtergesellschaften sinkt von 10 Prozent auf 5 Prozent, sofern eine Beteiligung der Muttergesellschaft von mehr als 25 Prozent besteht.

Artikel 11 – Zinsen: Zinsen für gewerbliche oder wissenschaftliche Ausrüstung, die auf Kredit verkauft wurde, werden nicht mehr vom Quellenstaat besteuert, sondern sind von Quellenbesteuerung befreit.

Artikel 12 – Lizenzgebühren: Die Quellensteuer auf Lizenzgebühren für Ausrüstungsverleih wird von 7 Prozent auf 6 Prozent gesenkt.

Artikel 23 – Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (Artikel 24 im alten DBA): Veräußerungsgewinne werden bei der Anteilsübertragung nicht versteuert, wenn eine Partei weniger als 25 Prozent der Anteile der anderen Partei hält.

Zusammenarbeit der Steuerbehörden

Artikel 26 – Informationsaustausch: Es wird explizit erwähnt, dass Information die zur Ermittlung der Besteuerung ausgetauscht werden, geheim zu halten sind. Andererseits ist auch klar definiert, wann ein Vertragsstaat Informationen nicht zurückhalten darf.

 

Zur Person:

FabianKnopf_zugeschnittenAls Co-Head des German Desk von Dezan Shira & Associates beobachtet Fabian Knopf aktuelle wirtschaftliche und politische Veränderungen in China und beaufsichtigt die Redaktion deutschsprachiger Fachartikel für Asia bzw. China Briefing. Fabian Knopf ist Senior Associate, International Business Advisory sowie Co-Head des German Desks bei Dezan Shira & Associates mit Standorterfahrung in den Regionen Peking, Shanghai, und Südchina. Seine Expertise umfasst unter anderem Unternehmensstrukturierungen, Rechnungswesen, Steuern, Compliance sowie HR und Gehaltsabrechnungen in China, Indien und ASEAN. Zudem ist er Gastdozent an der Peking-Universität HSBC Business School in Shenzhen.

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Die Rekorde purzeln

Outbound-Investor China: In Europa wird ein neuer Höchststand bei den M&A-Aktivitäten verzeichnet. 中国成为海外投资大国:中国在欧洲的并购活动创造了新纪录。Bildquelle: Fotolia; © xtock

Das chinesische Outbound-M&A-Volumen im laufenden Jahr übersteigt mit 110,8 Mrd. USD bereits den gesamten Vorjahreswert von 106,8 Mrd. USD. 2015 belief sich bis zum 10. Mai die Transaktionssumme lediglich auf 27,4 Mrd. USD. Damit hat sich der aktuelle Wert gegenüber dem vergangenen Jahr vervierfacht. Auch die Anzahl von 300 Deals liegt um 79% höher als im gleichen Zeitraum 2015. China führt damit auch erstmals weltweit die Länderliste für Outbound-M&A an. Diese Zahlen stammen aus einer Auswertung des Datenproviders dealogic.

China liegt demnach im bisherigen Jahresverlauf bei der Gesamtsumme der M&A-Outobound-Transaktionen vor Kanada (67,7 Mrd. USD) und den USA (53,1 Mrd. USD). Im vergangenen Jahr belegte das größte Schwellenland der Welt noch Platz sechs. 28% des chinesische M&A Outbound-Investitionen bzw. 31,3 Mrd. USD flossen in die Vereinigten Staaten.

Der Zuwachs bei den chinesischen Cross-Border-Aktivitäten geht vor allem auf die gestiegene Zahl an Mega-Deals über 1 Mrd. USD zurück. Hier meldeten die Investoren aus China 17 Transaktionen in einem Gesamtwert von 83,4 Mrd. USD. Im gleichen Zeitraum des vergangenen Jahres waren es lediglich sechs Mega-Deals mit einer Summe von 16,5 Mrd. USD. Entsprechend den gestiegenen Aktivitäten wurde auch eine höhere Anzahl von Deals wieder zurückgezogen. Dies betraf 15 Angebote in einem  Gesamtwert von 24 Mrd. USD. Der größte geplatzte Deal war das Angebot des Versicherungskonzerns Anbang zur Übernahme der US-Hotelkette Starwood für 15,5 Mrd. USD.

China plant Eroberung des Robotikmarkts

Robotik für China: Europäische Anbieter stehen im Visier der aufstrebenden Unternehmen aus der Volksrepublik.中国关注欧洲机器人产业。Bildquelle: Fotolia; © julien tromeur

In den nächsten fünf Jahren soll China zu einem international führenden Robotikanbieter werden.  Laut einer gemeinsamen Erklärung des Industrie- und IT-Ministeriums, der Reform- und Entwicklungskommission sowie des Finanzministeriums sollen bis 2020 von den heimischen Herstellern jährlich rund 100.000 Industrieroboter produziert werden. Im Bereich der Serviceroboter, wie sie in Krankenhäusern und Pflegeheimen zum Einsatz kommen, gibt der neue „Entwicklungsplan für die Roboterindustrie 2016-2020“ einen Zielumsatz von 30 Mrd. RMB (4 Mrd. EUR) vor.

Der neue Plan sieht vor, dass Chinas Anbieter bis 2020 die gesamte Wertschöpfungskette in der Robotik abdecken. Entscheidend hierfür sei ein Durchbruch in den Kerntechnologien. Im Zentrum stehen hier unter anderem Servomotoren sowie Antriebs- und Kontrolleinheiten. Die Aktivitäten sind auf den globalen Markt ausgerichtet. „Wir müssen nicht nur das Niveau in der Robotik steigern, sondern auch so weit wie möglich die internationalen Märkte erobern. Wir müssen die Initiative an uns reißen“, erklärt hierzu XIN Guobin, stellvertretender Industrie- und IT-Minister. Roboter seien ein wichtiges Merkmal für die Fähigkeiten eines Landes im Bereich von Innovation und High-End-Produktion. China, das mit anderen Ländern in derselben Ausgangsposition sei, stünden hier grenzenlosen Möglichkeiten offen. Es sei insbesondere wichtig, frühzeitig für die Aufteilung des Marktes Vorkehrungen zu treffen.

Als eine konkrete Maßnahme ist die Einrichtung eines Robotik-Innovationszentrums geplant. Darüber hinaus gibt die Regierung drei Felder vor, auf denen die chinesische Automatisierungsindustrie sich steigern soll: So soll Qualität und Zuverlässigkeit der Roboter aus chinesischer Produktion erhöht, die Marktanteile gesteigert und die Wettbewerbsfähigkeit von Chinas Spitzenunternehmen in diesem Bereich in großem Umfang gestärkt werden

Deutsche Unternehmen in China optimistisch

Land im Wandel: Auch im Transformationsprozess bleibt China für deutsche Unternehmen attraktiv. 中国变迁:转型升级中的中国对德国企业仍然极具吸引力. Bildquelle: Fotolia; © Bill Perry

Strukturwandel, langsameres Wirtschaftswachstum und sich ändernde Rahmenbedingungen sind für deutsche Unternehmen kein Grund sich aus China zurückzuziehen. Im Gegenteil, die Investoren aus Deutschland bewerten die eigene Geschäftslage tendenziell besser als die allgemeine konjunkturelle Entwicklung in China. Zu diesem Ergebnis kommt die Deutsche Handelskammer in China in einer aktuellen Umfrage.

Fast die Hälfte der befragten Unternehmen hat seit Mitte des vergangenen Jahres mit Kosteneinsparungen, zum Teil auch durch die Reduzierung der Mitarbeiterzahl, auf das langsamere Wirtschaftswachstum reagiert. Mehr als 40% gaben an, sich stärker auf die Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen zu fokussieren. Damit will man sich näher an den Bedürfnissen der chinesischen Bevölkerung orientieren. Die Auswirkungen des neuen 13. Fünfjahresplans auf die eigenen Geschäftstätigkeiten bewerten über 90% der Unternehmen als positiv oder zumindest neutral.

Mehr als die Hälfte der Befragten sieht den weiteren Anstieg von Absatzmöglichkeiten im Inland als die größte Chance für die Entwicklung des eigenen Unternehmens in China. Das technische Upgrade der chinesischen Anbieter bewerten rund 36% als positiv. Dadurch könnten in Zukunft mehr hochwertigere Produkte und Maschinen an chinesische Kunden abgesetzt werden. Pekings Reformankündigungen sowie Maßnahmen zur Verbesserungen beim Umweltschutz, aber auch die Förderung von Innovationen werden zudem als positive Tendenz im Transformationsprozess Chinas bewertet,  sollten jedoch noch schneller umgesetzt werden.

Aktuell bestehen bei 90% der befragten deutschen Unternehmen keine Pläne, China in den kommenden zwölf Monaten zu verlassen. Wünschen würden sich die Teilnehmer an der Umfrage jedoch eine Fortführung der Reformen im Hinblick auf eine weitere Öffnung, die Ausweitung der Rolle der Marktkräfte sowie einen leichteren Marktzugang für Privatunternehmen zu bestimmten Wirtschaftsbereichen. Dies könnte in Zukunft zu einer weiteren Verbesserung des Wirtschaftsumfeldes beitragen.

Im Rahmen des weltweiten AHK World Business Outlook des Deutschen Industrie- und Handelskammertages hatte die Deutsche Handelskammer in China im April ihre Mitgliedsunternehmen speziell nach deren Reaktionen und  Maßnahmen innerhalb der letzten Monate im Hinblick Transformation und das sich ändernde Wirtschaftsumfeld im größten Schwellenland der Welt befragt. Für die Umfrage wurden die Rückmeldungen von 189 Mitgliedsunternehmen in China  ausgewertet.

ChemChina schließt KraussMaffei-Übernahme ab

Stimmiges Bild: Die Übernahme von KraussMaffei durch ChemChina ist in trockenen Tüchern. 和谐的图景:中国化工对克劳斯玛菲收购案尘埃落定。Bild: KraussMaffei

Die National Chemical Corporation (ChemChina) hat die Anfang des Jahres verkündete Übernahme der KraussMaffei Gruppe von dem kanadischen Finanzinvestor Onex abgeschlossen. Sämtliche notwendigen Genehmigungen der zuständigen Behörden liegen vor. Die KraussMaffei Gruppe soll künftig die industrielle und operative Führung der Maschinenbauaktivitäten an den verschiedenen Standorten von ChemChina übernehmen.

ChemChina ist bereits im Bereich Gummi- und Kunststoffherstellung aktiv  und beliefert führende Automobilhersteller weltweit. Das Unternehmen verfügt in diesem Bereich in China über eine Forschung- und Entwicklungsabteilung sowie Produktionsanlagen. Erst vergangenes Jahr hatte ChemChina in Europa den italienischen Reifenhersteller Pirelli für über 7 Mrd. EUR übernommen.

Besonders interessiert ist der Chemiekonzern an den führenden Technologien des Münchener Maschinenbauers rund um das Thema Industrie 4.0. Durch die Integration von KraussMaffei sollen die Position des Konzerns in diesem Geschäftsbereich in China und den Emerging Markets gestärkt werden. „Dies gleicht eine unserer Schwächen aus und ist gleichzeitig eine neuartige Form der Zusammenarbeit, die der wachsenden Nachfrage in diesen Märkten gerecht wird“, sagte Jianxin Ren, Chairman von ChemChina, in einer Mitteilung zum Closing der Transaktion.

Das zusätzliche Geschäft soll laut Frank Stieler, CEO von KraussMaffei zu einem Personalaufbau auch in Deutschland führen. „Mittels unserer Management- und Technologiekompetenz werden wir mehrere Felder weiterentwickeln und stärken, um so im internationalen Wettbewerb zu bestehen“, so Stieler in der Mitteilung. „Wir stärken unser bestehendes Produktportfolio um Maschinen zur Herstellung von Reifen und Anlagen für die chemische Industrie. Die dazu notwendigen Schritte werden wir in den kommenden Wochen einleiten“, erklärt Stieler abschließend.

Die kanadische Beteiligungsgesellschaft Onex hatte die KraussMaffei Group GmbH 2012 für 568 Mio. EUR gekauft. Anfang Januar übernahm der Staatskonzern ChemChina im Konsortium mit der Private Equity-Gesellschaft Agic und dem Staatsfonds Guoxin International Investment den Hersteller von Spritzgussmaschinen für 925 Mio EUR. KraussMaffei kann auf eine Geschichte zurückblicken, die bis ins Jahr 1839 reicht. 1989 kaufte Mannesmann das Traditionsunternehmen. Nach der Aufspaltung des Düsseldorfer Konzerns gingen die Münchener zunächst an Siemens. 2002 stieg der Finanzinvestor KKR ein, der das Unternehmen später wiederum an den Rivalen Madison verkaufte, bevor schließlich Onex auf den Plan trat. 2014 verzeichnete die KraussMaffei Group  einen Umsatz von 1,1 Mrd. EUR. Aktuell beschäftigt das Unternehmen weltweit rund 4.500 Mitarbeiter, davon 2.800 in Deutschland.