Ningbo Jifeng erwirbt über eine Pflichtwandelanleihe einen Anteil von 9,2% an dem Amberger Mittelständler Grammer. Hierfür wird das Privatunternehmen aus der Provinz Zhejiang 60 Mio. EUR aufwenden. Die Anleihe wird spätestens in einem Jahr in Aktien getauscht. Beide Automobilzulieferer begründen damit eine strategische Partnerschaft. Der Einstieg dient laut Medienberichten für die Oberpfälzer in erste Linie dazu, den Einfluss der bosnischen Investorenfamilie Hastor zurückzudrängen.
Die Familie Hastor hat in Deutschland bereits für kräftigen Wirbel gesorgt: Im Sommer vergangenen Jahres überwarfen sich die Bosnier mit Volkswagen. Durch Lieferstopps ihres Zulieferers Prevent lösten sie Produktionsausfälle bei den Wolfsburgern aus, die Millionenschaden anrichteten. Über zwei Tochterunternehmen hält die Familie Hastor bereits 20% an Grammer. Durch den Einstieg von Jifeng wird es den Bosniern erschwert, auf der Hauptversammlung am 24. Mai eine Mehrheit im Aufsichtsrat zu erlangen und gegebenenfalls Grammer-Vorstandschef Hartmut Müller auszutauschen.
Die großen Kunden begrüßten ausdrücklich die neue Partnerschaft, erklärte Grammer. Müller und Vertreter von Jifeng hatten die Pläne Medienberichten zufolge unter anderem bei Volkswagen und Daimler vorgestellt. Durch die strategische Partnerschaft versprechen sich beide Seiten Synergieeffekte auf den internationalen Märkten, insbesondere aber in China. „Die künftige strategische Zusammenarbeit wird uns zusätzliche Möglichkeiten eröffnen, weitere lokale chinesische Kunden mit unseren innovativen Produkten zu erreichen und zu beliefern“, so CEO Müller in einem Statement. Grammer erzielt derzeit 15% seines Umsatzes in China. Beide Partner sind in der Fahrzeuginnenraumausstattung tätig. Ihre Produktlinien ergänzen sich. Die Amberger sind dabei auf Sitzsysteme spezialisiert, während der Zulieferer aus Ningbo sich auf Arm- und Kopfstützen fokussiert.
Grammer ist bereits länger auf dem chinesischen Markt aktiv. 2013 gründeten das Oberpfälzer Unternehmen ein Joint Venture mit Jiangsu Yuhua, deren Anteile Grammer zwei Jahre später übernahm. Der Zulieferer produziert an 40 Standorten weltweit und erzielte mit seinen 12.000 Mitarbeitern im vergangenen Jahr einen Umsatz von 1,7 Mrd. EUR. Die seit 1996 börsennotierte Gesellschaft weist nach dem steilen Kursanstieg der vergangenen Monate derzeit eine Marktkapitalisierung von mehr als 680 Mio. EUR auf. Jifeng wurde 1996 gegründet und ist seit 2015 an der Börse Shanghai notiert. Mit 2.600 Mitarbeitern ist das Unternehmen deutlich kleiner als sein deutscher Partner, weist aber mit über 1 Mrd. EUR einen höheren Börsenwert auf.
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