Es gibt sie noch, die positiven Signale: Am 4. November haben Berlin und Peking 30 Jahre Städtepartnerschaft gefeiert – Grund genug für eine Party.
Und zwar im Pekinger Goethe-Institut, auf der die Vielfalt des Potenzials der Zusammenarbeit zwischen beiden Städten demonstriert wurde. Das Spektrum reicht von Kunst und Kultur bis zu den Industrien der Zukunft.
Knapp zwei Wochen später lud das Pekinger German Centre zu einer Feier mitten in einem alten Hutong-Viertel der chinesischen Hauptstadt ein. 25 Jahre ist es her, seit es gegründet wurde – als Tor zum chinesischen Markt, durch in den vergangenen zweieinhalb Jahrzehnten nicht nur unzählige kleine und mittlere Unternehmen erfolgreich gegangen sind, sondern auch Organisationen der deutschen Wirtschaft, für die eine Präsenz im chinesischen Markt nach wie vor wichtig ist, um Mitgliedsunternehmen zeitnah zur Seite stehen zu können. Zu den Mietern gehört auch der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau VDMA, der am 26. November einlädt, um zwei Jahrzehnte VDMA-Büro in Peking zu begehen.
Vom Knirschen im Getriebe der deutsch-chinesischen Wirtschaftsbeziehungen war auf diesen Veranstaltungen nichts zu spüren. Es ist ja auch eher ein politisches.
Ganz im Gegenteil. Betont wurde die Notwendigkeit, nicht aufs Spiel zu setzen, was in den vergangenen Jahrzehnten aufgebaut wurde. Das Erreichte auszubauen und Neues zu entwickeln, darauf kommt es an. Dazu müssen sich alle, Deutsche wie Chinesen, den veränderten Gegebenheiten stellen, den geopolitischen Veränderungen insbesondere. Deutsche und chinesische Unternehmen haben das Potenzial, gemeinsam Zukunftslösungen zu finden und umzusetzen. Wettbewerb, der beflügelt und nicht als Gefahr betrachtet wird, bringt beide Seiten voran, ganz anders als politisch verordnete Sanktionen, die nur das eine Ziel verfolgen, Konkurrenten fern zu halten. Da wird dann auch in Kauf genommen, möglicherweise in einer Sackgasse zu enden, in erster Linie zum Nachteil der Konsumenten. Und der Unternehmen.
30 Jahre, 25 Jahre, 20 Jahre – all das sind Erfolgsgeschichten, zu denen in den kommenden Jahren bestimmt noch viele neue Kapitel hinzugefügt werden. Der Wille ist da, hier wie dort. Der künftige Erfolg unserer bilateralen Beziehungen wird vor allem davon abhängen, ob wir zum Umdenken bereit sind. Das heißt, wir müssen akzeptieren, dass es beim Lernen nicht mehr nur eine Richtung gibt, die von West nach Ost. Das trifft für Deutsche zu. Mehr noch für Chinesen.
Wir sind nicht mehr in den Anfangsjahren der chinesischen Reformen, als jegliches technische Knowhow aus dem Westen in China willkommen war und mit offenen Armen aufgenommen wurde. Vor vier Jahrzehnten musste China aufholen, und war gezwungen, von den entwickelten Ländern so viel wie möglich zu lernen. Das war die eigentliche Grundlage der chinesischen Erfolgsgeschichte, für China selbst und für ausländische Unternehmen, die die Chance beim Schopfe gepackt haben.
Das hat allerdings auch zu Innovation made in China geführt, von der Unternehmen in den entwickelten Industrien ebenso profitieren können. Selbst beim so heiß diskutieren Umweltschutz oder bei Modellen für eine nachhaltige Entwicklung kann China hier und da ein Beispiel sein. Der Deutsch-Chinesische Ökopark in Qingdao ist das zum Beispiel. Chinesische Höflichkeit ist da fehl am Platze. Es gibt inzwischen genug, das Deutschland auch von China lernen kann. Das sollte uns allen bewusst sein.
So stand dann auf den Jubiläumsfesten auch ein Kerngedanke im Mittelpunkt: Es ist nicht nur wichtig, miteinander anstatt übereinander zu reden; es ist auch wichtig herauszufinden, wo es sich lohnt, vom Partner zu lernen. Gegenseitigkeit leben. Das sichert positive Trends und Signale in den bilateralen Beziehungen.
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Peter Tichauer
Peter Tichauer ist ein ausgewiesener China-Experte. Nachdem er mehr als 20 Jahre das Wirtschaftsmagazin ChinaContact aufgebaut und als Chefredakteur geleitet hat, ist er seit 2018 im Deutsch-Chinesischen Ökopark Qingdao (www.sgep-qd.de) für die Kommunikation mit Deutschland verantwortlich.