Aus E-Mag M&A China/Deutschland 2013
Kulturelle Differenzen erschweren nach wie vor häufig deutsch-chinesische M&A. Deshalb ist es von entscheidender Bedeutung, das gegenseitige Verständnis zu fördern.
Im Mai 2014 nahm ich an einer Europareise teil, die von der Industrial and Commercial Bank of China (ICBC) und dem China Entrepreneurs Forum organisiert wurde. Während dieser Reise führte ich mit Führungskräften aus Politik und Wirtschaft aus vier Ländern viele Gespräche. Es war bereits meine vierte Reise nach Deutschland in den vergangenen zehn Jahren. Im Vergleich zu Frankreich und Italien sind sich Unternehmen aus Deutschland und China gegenseitig noch relativ fremd. In Diskussionen stellte ich fest, dass jeder seine eigenen Geschichten erzählt und wir recht eigenständige und festgelegte Meinungen haben. Dieses Gefühl von Distanz ist der Grund, weshalb Unternehmensfusionen und -übernahmen zwischen China und Deutschland bisher kaum in größerem Rahmen stattfinden. Das bedeutet aber auch viel Raum für künftige Entwicklungen.
Selbstgefälligkeit im Rahmen überkommener Konzepte
Das große Potenzial des chinesischen Marktes wird bereits seit langem von deutschen und europäischen Unternehmen hoch geschätzt. Insbesondere genießen deutsche Marken und Technologien ein hohes Ansehen in China. Diese scheinbar gute Konstellation hat jedoch noch keine intensivere Zusammenarbeit zwischen Unternehmen aus Deutschland und China zur Folge. Im M&A-Sektor wurden bis heute keine kontinuierlichen Fortschritte erzielt. Neben allgemeinen Schwierigkeiten in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, so zum Beispiel im Finanz-, Rechts-, Arbeitnehmer- und Kulturbereich, stellt häufig das Gefühl der eigenen Überlegenheit ein unüberwindliches Hindernis für eine Zusammenarbeit dar. In der Industrie sind Märkte und Marken die Kerne der Wettbewerbsfähigkeit, gleichzeitig auch die Ausgangspunkte für die Entstehung von Kunden- und Industrie-Clustern. Nach Einführung der chinesischen Reform- und Öffnungspolitik liegt hier die Basis für die Zusammenarbeit zwischen China und Deutschland. Volkswagen, Mercedes-Benz, BMW und eine Reihe von Elektrohaushaltsgeräte-Herstellern aus Deutschland haben innerhalb kurzer Zeit eine führende Rolle auf dem chinesischen Markt übernommen. Technologie, Produktion und Handel waren die Treiber dieses Erfolgs. Im Bereich der Kapitalmärkte und bei M&A gibt es bis heute keine vergleichbare Entwicklung. Die Globalisierung von Aktien und Kapital ist der Haupttreiber des internationalen M&A-Geschehens. Die nationale Identität von Unternehmen wird immer unbedeutender. Kapital, Technologie, Kunden und industrielle Wertschöpfungsketten globaler Unternehmen haben sich grundsätzlich geändert. So sind Begriffe wie „chinesischer Markt“ und „deutsche Marken“ heute unwichtige Etiketten geworden. Hingegen bietet ein Konzept wie „Deutscher Markt“ und „chinesische Marken“ Start-up-Unternehmen große Chancen.
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