Die deutsche Serafin Unternehmensgruppe folgt mit der Übernahme des Industriefaserspezialisten Fuyi Industrial Fiber wichtigen westlichen Kunden in den chinesischen Markt. Der Inbound-Deal ist gleichzeitig ein zukunftweisender Schritt für das weitere Wachstum der Firmengruppe.
Verantwortung übernehmen und langfristig in Generationen denken: Für Philipp Haindl, einen der Gründer und Geschäftsführer der Serafin Unternehmensgruppe in München, sind das vertraute Werte. Sie gehen auf die Philosophie und die mehr als 150-jährige Tradition der Unternehmerfamilie Haindl zurück, die mit ihrer Papierfabrik in Augsburg bis zu Beginn dieses Jahrtausends Wirtschaftsgeschichte geschrieben hat. Dieser Tradition fühlt sich Philipp Haindl auch heute verpflichtet. Die von ihm gemeinsam mit Partnern gegründete Serafin Unternehmensgruppe investiert in mittelständische Unternehmen der DACH-Region (Deutschland, Österreich und Schweiz) aus unterschiedlichen Branchen. Um die angestrebte Weiterentwicklung der Beteiligungsunternehmen zu unterstützen und deren Marktposition durch strategische Übernahmen zu stärken, geht der Blick auch weit über die europäischen Grenzen hinaus. Jüngstes Beispiel dafür ist die im April abgeschlossene Übernahme des Geschäftsbetriebs der Fuyi Industrial Fiber Co., Ltd. mit Sitz in der chinesischen Stadt Haining. „Das Unternehmen ist als Spezialist für Industriefasern eine wichtige Ergänzung unserer Sparte Technische Textilien. Durch den Kauf können wir unsere westlichen Kunden in China als Marktführer lokal beliefern und als Firmengruppe weiter stetig wachsen“, sagt Haindl.
Breit gefächertes Branchenspektrum
Die Serafin Gruppe geht ihre Beteiligungen nicht als Fonds mit externen Kapitalgebern bis zu einem angestrebten Exit ein, sondern investiert wie eine Industrie Holding langfristig das aus dem Gesellschafterkreis bereitgestellte Kapital. Der Fokus liegt auf mittelständischen Firmen in reifen Branchen, die vor allem im Zuge von Nachfolgelösungen oder Konzern-Spin-Offs übernommen werden. Derzeit deckt die Gruppe die Geschäftsbereiche Konsumgüter (Werkzeuge, Kerzen, Lebensmittel) und Kunststoffverarbeitung (Technische Textilien, Bodenbelagsysteme, Verpackungen) ab. Der Aufbau weiterer Bereiche wie etwa Automotive oder Maschinenbau ist geplant. Serafin unterstützt die Beteiligungsunternehmen aktiv bei der Prozess- und Kostenoptimierung, wobei auch eigene Mitarbeiter für Sonderprojekte zur Verfügung gestellt werden.
Mit Zukäufen zum Marktführer
Der größte Bereich mit 130 Mio. EUR Umsatz und mehr als 660 Mitarbeitern ist das Segment Technische Textilien. Die Basis dafür wurde im Jahr 2010 mit dem Erwerb der Nextrusion GmbH, einer auf die Faserherstellung spezialisierten ehemaligen deutschen Tochtergesellschaft des japanischen Teijin-Konzerns, geschaffen. Serafin stärkte die Marktposition von Nextrusion vier Jahre später durch den Erwerb der Lanxess-Tochter Perlon-Monofil GmbH sowie 2015 durch den Kauf der Hahl Pedex Gruppe von einem österreichischen Finanzinvestor. Gemeinsam sind die Unternehmen heute unter dem Namen Perlon weltweit ein Marktführer für Filamente. Diese Kunststoffgarne werden u.a. für die Herstellung von Papiermaschinenbespannungen, aber auch von Zahnbürsten, Haushalts- und Industriebürsten, Filtration oder Seile und Angeln verwendet.
Den Markt in China sondiert
Ein entscheidender Impuls für den Zukauf in China kam von den vielen dort ansässigen europäischen und amerikanischen Kunden der Filament-Gruppe. „Sie haben signalisiert, dass sie auch uns dort gerne in der Nähe hätten“, sagt Haindl. Er verweist zudem auf die Wettbewerbsvorteile, die eine lokale Belieferung mit Blick auf die Transportkosten und -zeiten mit sich bringt. Das Management der Perlon-Gruppe sondierte deshalb vor rund zwei Jahren noch intensiver als schon zuvor, ob und wo zum eigenen Unternehmensportfolio passende Hersteller in der Region verkaufsbereit waren. Fuyi Industrial Fiber entsprach sowohl den Anforderungen an die Qualität der Produkte als auch den Ansprüchen an den Standort. Haining liegt rund 100 Kilometer südwestlich von Shanghai. In der Region sind viele westliche Kunden von Perlon mit Werksniederlassungen vertreten und die Stadt ist auch gut von Deutschland aus zu erreichen. „Die Region verfügt über eine gute Infrastruktur und auch die Qualifikation der Arbeitskräfte ist sehr gut“, sagt Haindl.
Vorteile eines Asset Deals genutzt
Die Verhandlungen mit dem Verkäufer, einem privaten chinesischen Unternehmer, begannen Anfang 2015. Zur Debatte stand zunächst auch ein Joint Venture. Letztlich aber passte der Preis für einen Gesamtverkauf zu den Vorstellungen des Alteigentümers, der mit diesem Erlös nun seine anderen unternehmerischen Aktivitäten finanzieren kann. Rechtlicher Berater von Serafin war eine internationale Kanzlei mit Niederlassung in Shanghai. Dies war eine wesentliche Voraussetzung für eine erfolgreiche Umsetzung der Transaktion. „Das chinesische Rechtssystem ist dem deutschen gar nicht so unähnlich. Dennoch hätten wir ohne lokale Anwälte, die auch die Landessprache sprechen, keine Chance gehabt, zum Erfolg zu kommen“, sagt Haindl. Die Firmengruppe hat sich bei der Transaktion bewusst für einen Asset Deal, also den Einzelerwerb der Wirtschaftsgüter, entschieden, um potenzielle Altlasten wie etwa mögliche Steuerschulden von Fuyi in China nicht mit übernehmen zu müssen. Ebenso bestand der Käufer aus Deutschland darauf, den Kaufpreis in Tranchen zu zahlen. „Wir haben damit einen Sicherheitspuffer für den Fall eingebaut, dass unsere Ansprüche nicht wie vereinbart erfüllt werden“, sagt Haindl.
Potenzial bei westlichen und chinesischen Kunden
Die Perlon-Gruppe verfügt jetzt über Standorte in Deutschland, den USA, Korea und China, wobei nun auch Fuyi unter dem Namen Perlon Co., Ltd. firmiert. Der Umsatz der neuen Tochter in China soll sich in den nächsten fünf bis zehn Jahren zumindest verdreifachen. Serafin wird nicht nur in neue Hallen, Maschinen und Anlagen investieren, sondern will über die neue Tochter den chinesischen Markt künftig für alle Produkte der Unternehmensgruppe öffnen. Zentrale Zielkunden sind zunächst die westlichen Papiermaschinenhersteller sowie die Hersteller von Bespannungen für diese Maschinen. „Das Unternehmen hat aber auch eine gute Umsatzbasis bei chinesischen Kunden, die wir weiter ausbauen wollen“, sagt Haindl.
Integrationsprozesse steuern
Serafin-Mitarbeiter werden die neue Tochtergesellschaft vor Ort bei der Optimierung der Produktionsprozesse und der Qualität unterstützen. Vertriebsspezialisten von Perlon kümmern sich zudem um die Betreuung der westlichen Kunden, während sich andere Vertriebsmitarbeiter um die Gewinnung neuer lokal ansässiger Kunden bemühen. „Mit Blick auf die Integration beschäftigen wir darüber hinaus zwei chinesische Mitarbeiter, die schon einmal länger in Deutschland gelebt haben und damit neben den Sprachen auch die Mentalität beider Kulturen verstehen“, sagt Haindl. An Herausforderungen mangelt es nicht. Das beginnt beim Fingerspitzengefühl im Umgang mit den Beschäftigten und reicht bis zur Zahlungsmentalität der bisherigen Kunden von Fuyi. „Rechnungen werden zwar beglichen, aber nicht immer innerhalb der vorgegebenen Fristen. Das wollen wir verbessern, ohne dabei die Kundenbeziehung zu beschädigen“, sagt Haindl.
FAZIT
Die Serafin Unternehmensgruppe sichert sich durch die Akquisition lokale Nähe zu ihren westlichen Kunden in China, aber auch zusätzliches Umsatzpotenzial durch den verbesserten Zugang zum chinesischen Markt. Sie kann infolge der Übernahme ihre führende Position im Segment Technische Textilien weiter ausbauen und zusätzliches Wachstum realisieren. Gleichzeitig winken Synergieeffekte in Form von Kosteneinsparungen durch vereinheitlichte Prozesse sowie aufgrund von Preisvorteilen durch größere Mengen im Einkauf. Die Integration der chinesischen Tochter wird auch durch die Entsendung eigener Mitarbeiter direkt vor Ort unterstützt.
Norbert Hofmann ist Gastautor.
Dieser Post ist auch verfügbar auf: Vereinfachtes Chinesisch